Volksbegehren besteht den Test

Initiative „Volksbegehren für Neuwahlen“ sieht ausreichend Unterstützung für die Auflösung des rot-roten Senats. Wenn dann das linke Wahlbündnis ins Parlament käme, bliebe es in der Opposition

VON WIBKE BERGEMANN

Die Initiative „Volksbegehren für Neuwahlen“ hält an ihrem Plan fest, mit einem Volksbegehren die Auflösung des Senats zu erzwingen. Das Projekt um Baugewerkschaftschef Lothar Näthebusch, den Politologen Peter Grottian und Michael Prütz vom Berliner Sozialforum hat einen ersten Test bestanden: Zu einer öffentlichen Versammlung am Freitagabend in der Humboldt-Universität erschienen über 100 Interessierte, 80 Prozent der Anwesenden stimmten für ein Volksbegehren. Prütz hatte zuvor eine Fortsetzung der Arbeit von einer breiten Unterstützung abhängig gemacht.

Ein Arbeitsausschuss soll nun das geplante Volksbegehren vorbereiten. So müssten weitere Gruppen und Interessierte gefunden werden, die sich beteiligen wollen und Unterschriften sammeln werden, sagte Michael Hammerbacher vom Berliner Sozialforum. Dann könnte bereits in einem Monat die Initiative starten.

Innerhalb von sechs Monaten müssen 50.000 Unterschriften zusammenkommen. Erst dann beginnt das eigentliche Volksbegehren. Wenn sich 480.000 Berliner dafür aussprechen, müsste sich das Abgeordnetenhaus auflösen. Das Risiko, dass bei Neuwahlen die rot-rote Koalition von einem CDU-geführten Senat abgelöst wird, will die linke Initiative in Kauf nehmen: „Die Frage ist nicht, wer regiert, sondern welche Politik gemacht wird“, meint Hammerbacher. Wenn ein Senat wegen seiner Politik aus dem Amt gejagt wird, werde der Nachfolger sich hüten, die gleichen Fehler zu wiederholen, so seine Hoffnung.

Bei Neuwahlen werde auch das neu gegründete Wahlbündnis antreten, sagte Michael Prütz. „Allerdings besteht Konsens, dass wir nicht mitregieren werden, sondern in der Opposition bleiben.“ Denkbar sei etwa, einen rot-roten Senat zu tolerieren. Das Bündnis vereint ein breites Spektrum von linksradikalen Gruppen über Attac bis hin zu linken PDSlern und Sozialdemokraten. Dass eine Zusammenarbeit dennoch möglich sei, bewiesen die Erfahrungen aus dem Sozialforum, so Prütz. „Die Zeiten sind vorbei, in denen sich die Leute voneinander abgrenzen mussten.“

Anwesend waren am Freitagabend unter anderem Vertreter von Linksruck, der Sozialistischen Alternative, von Attac, Ver.di, GEW und der PDS. Was die so unterschiedlichen Gruppen eint, ist der Protest gegen die Sparpolitik des Senats. Die Initiatoren des Volksbegehrens wenden sich gegen die Privatisierung öffentlicher Betriebe wie der BVG und der Krankenhäuser sowie gegen die Einsparungen bei Bildung, Sozialprojekten und im öffentlichen Dienst. „Jeder weiß, dass sich der Haushalt nicht über Einsparungen konsolidieren lässt“, sagt Michael Prütz. „Die hohen Schulden der Stadt, die Risiken aus der Bankgesellschaft und schließlich die konjunkturelle Entwicklung machen den Haushalt nicht kalkulierbar.“

Auch Michael Hammerbacher kritisiert, dass in den letzten zehn Jahren die frei verfügbaren Investitionsmittel im Berliner Haushalt um zwei Drittel gekürzt wurden. „Der Senat hat sich nie um Einnahmen gekümmert“, so Hammerbacher. Weder sei die Möglichkeit zur Einführung einer kommunalen Vermögensteuer geprüft worden noch habe sich Berlin auf Bundesebene für eine Erbschaftsteuer eingesetzt. Nun müsse die verschuldete Stadt ein Zinsmoratorium mit den Banken aushandeln, „damit wieder Investitionen möglich werden“. In einem weiß er sich mit dem Senat einig: „Ohne Zuschüsse vom Bund wird es nicht gehen.“