DAIMLERCHRYSLER ERFÄHRT EINE GRENZE DER GLOBALISIERUNG
: Mitsubenzlis Ende

Die Beteiligung von Daimler an Mitsubishi im Jahr 2000 gehörte wohl zu den am besten vorbereiteten Übernahmen der jüngeren Wirtschaftsgeschichte. Zehn Jahre lang konnten die Stuttgarter Manager durch Gespräche, Analysen und Kooperationen die fremde Unternehmenskultur, Mitsubishis Produkte, seine Märkte und seine Probleme kennen lernen. Genutzt hat es ihnen nichts, die Lage der Japaner blieb schlimmer als kalkuliert. Und wer nicht durchblickt, muss zahlen, oder: Die richtige Bewertung von Information hat sich einmal mehr als Grenzbedingung für Unternehmenskonzentration und Globalisierung erwiesen.

Mit dem angekündigten Ausstieg bricht DaimlerChryslers Asienstrategie zusammen, der Multi schrumpft wieder zum Westkonzern. Der Vorgang ist zu sehr ein Einzelfall, als dass sich daraus verbindliche Aussagen über neue Verlaufsformen der Globalisierung ableiten ließen. Wohl wird die Orientierung auf den Shareholdervalue, den Daimler-Chef Schrempp in Deutschland zunächst fast im Alleingang populär gemacht hat, ihn jetzt möglicherweise den Job kosten. Dabei steht er nicht allein – fast ständig steckt irgendwo ein großer Fahrzeughersteller in der Krise. In den letzten beiden Jahrzehnten gehörte die Autobranche weltweit zu den riskantesten Industriezweigen – wegen der unbedingten Ausrichtung auf die Börse hat sie fast jede Art der Kapitalvernichtung ausprobiert. Schrempp fügt dem Katalog des Scheiterns jetzt ein weiteres – wohl nicht das letzte – Kapitel an.

Die riskanten Zukäufe aus der Zeit der New Economy haben deutlich mehr Schaden als Nutzen angerichtet. Schwieriger ist die „stille Globalisierung“ der vielen kleinen, wohl bedachten Investitionen zu bewerten, wie sie in Deutschland etwa der Vorstand des Siemens-Konzerns betreibt. Dem enormen Druck auf die Löhne und den Existenzängsten bei den Beschäftigten hier steht die Hoffnung auf Arbeit und ausgeglichenere Handelsbilanzen in den wirtschaftsschwachen Zielländern gegenüber. Immerhin: Bei Siemens können starke Betriebsräte das Schlimmste für die Belegschaft verhindern. Bei DaimlerChrysler haben gerade die Aufsichtsräte das Gleiche für die Aktionäre getan.

DIETMAR BARTZ