Auf Antrag ein Euro mehr Rente pro Monat

Österreichs Regierungskoalition beschließt umstrittene Pensionsreform. Fonds für Härtefälle wird aufgestockt

WIEN taz ■ Wenn der ÖVP-Abgeordnete August Wöginger die Abstimmung nicht verschlafen hätte und der 3. Nationalratspräsident Thomas Prinzhorn (FPÖ) nicht erkrankt wäre, hätte die umstrittene Pensionsreform am Mittwochabend mit allen Stimmen der Koalition beschlossen werden können. Aber auch so reichte es für eine solide Mehrheit. Acht Rebellen aus der FPÖ, die ihr Votum verweigern wollten, wurden rechtzeitig besänftigt. Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer (ÖVP) beschied sich mit der Zusicherung, die noch nicht betroffenen öffentlichen Angestellten würden auch nicht mehr verlieren als Privatangestellte. Ein für Pensionsexperten schwieriges Zugeständnis an die privilegierten Beamten.

So endete eine turbulente Debatte für die Regierungsparteien noch mal versöhnlich. Kanzler Wolfgang Schüssel sprach von einem „historisch bedeutsamen Erfolg“ und versicherte, seine Reform sei „nicht verwässert“ worden – zumindest. Den Aufstand des kleinen Koalitionspartners redete er als Zeichen der „intensiven Mitarbeit“ schön.

Die FPÖ-Meuterer beharrten nicht weiter darauf, künftige Pensionen von unter 1.000 Euro dürften nicht angetastet werden und gaben sich mit der Aufstockung eines Härtefonds zufrieden. Betroffene können einen Antrag stellen und mit durchschnittlich einem Euro pro Monat mehr rechnen.

Beschlossen wurde die schrittweise Abschaffung der Frühpension zwischen 2004 und 2017 und die – ebenfalls schrittweise – Verlängerung des Durchrechnungszeitraums, auf dessen Grundlage die Pension errechnet wird, von 15 auf 40 Jahre. Kein künftiger Rentner soll gegenüber heutigen Ruheständlern mehr als 10 Prozent verlieren.

Was für ÖVP-Fraktionschef Wilhelm Molterer der „große Wurf“ wurde, war für die Opposition einer der „schwärzesten Tage“ der Nachkriegsgeschichte, so SPÖ-Geschäftsführer Norbert Darabos. Kritisiert wurden vor allem Ungerechtigkeiten für Frauen und Schwerarbeiter sowie die geringe Dotierung des Härtefonds. RALF LEONHARD