Ein Bach wird Kanal

In Dinslaken begannen die Anhörungen um das Mommbach-Konzept: Weil das Land durch Bergbau absinkt, muss Grundwasser weggepumpt werden

Unübersichtlich werden zwei Verfahren vermengt und der dritte Schritt vor dem ersten gemacht

AUS DINSLAKENALEXANDER FLORIÉ

Der erste Tag fand den gewohnten Ausgang: „Sie haben die Anträge der Naturschutzverbände zurückgewiesen“, sagt Klaus Friedrichs, der Vorsitzende der Bürgerinitiative Bergbaubetroffener am Niederrhein (BiB) – im Kampf gegen den Kohleabbau des Bergwerks Walsum hat der Rechtsanwalt das schon häufig erlebt.

13 Anträge hatte das Landesbüro der Naturschutzverbände gestellt, um die vorgestern beginnende Erörterung zum Mommbach-Konzept zu beenden. „Es fehlen wesentliche Unterlagen zur Landschaft, zu den Senkungen und zum Grundwasser, die im Walsum-Verfahren für die nachgeordneten Erörterungen gefordert waren“, empört sich Hannelie Steinhoff, Vorsitzende des Naturschutzbundes (NABU) im Kreis Wesel in der Kathrin-Türks-Halle. Doch die für die Anhörung zuständige Bezirksregierung Arnsberg sah darin keinen Grund, das Verfahren vorzeitig abzubrechen.

Bei der Erörterung geht es um die wasserwirtschaftlichen Auswirkungen des Rheinbergbaus auf das Naturschutzgebiet in der Mommbachniederung – bislang kaum berührte Natur bei Voerde, eine schützenswerte Landschaft aus Streuobstwiesen, Kopfweiden und Hecken. Durch den Kohleabbau des Bergwerks Walsum soll das Gebiet absinken. Die Folge: Mit dem Grundwasseranstieg wird es Vernässungen der Flächen bis hin zu kleinen Seen geben.

Der Lippeverband hat deshalb wassertechnische Gegenmaßnahmen geplant. Pikante Randnotiz: Der Verbandsrats-Vorsitzende des Lippeverbandes Bernd Tönjes ist zugleich Vorstandsvorsitzender der DSK, die die Zeche Walsum betreibt.

Der Lippeverband plant nun das Grundwasser abzuführen und die Trinkwasserförderung der Anlieger und des Wasserwerks Löhnen durch Polderbrunen zu gewährleisten. BiB-Chef Friedrichs fürchtet indes, dass ein Großteil des Gebietes absaufen wird: „Deshalb sollen die Sümpfungsbrunnen gebaut werden, um das Bergbauwasser an der Oberfläche wegzupumpen.“ Experten bei der Stadt Voerde rechnen mit 900 Litern pro Sekunde: „Der Kreis Wesel sagt, es ist unsinnig, einen halben Meter Bach zu einem vier Meter breiten Wasserkanal zu machen, und das bei Baukosten von zehn Millionen Euro“, erklärt Friedrichs. Dazu drohe eine Verschlechterung des Trinkwassers durch Rheinuferfiltrat oder den Kontakt mit Grundwasser.

Der Kreis Wesel habe deshalb noch kein eigenes Verfahren begonnen und der Landschaftsbeirat stimmte gegen den Mommbach-Ausbau: „Hier werden beide Verfahren unübersichtlich für den Bürger vermengt und der dritte Schritt vor dem ersten gemacht“, kritisiert Friedrichs. „Mitten in die Natur einen Brunnen hinein zu setzen, um Wasser hochzupumpen und über Rohrleistungen einem Bachsystem zuzuleiten, dass dafür nicht vorgesehen ist und deshalb zwei Meter angehoben werden muss, um es dann über den Rhein zu pumpen, das ist eine technokratische Lösung!“

Ob es dazu überhaupt kommt, hängt auch davon ab, ob die Zeche Walsum weiter fördern darf – bis zum Frühsommer fällt die DSK/RAG eine Entscheidung. Die Landesregierung will den Kohleabbau unterm Rhein früh wie möglich beenden. Wie lange das Verfahren in Dinslaken noch dauern wird, ist nicht abzusehen. Es könnte rasch überflüssig werden, wenn DSK und Politik die Weichen gegen Walsum stellen.