Welche Welle?

Dari und Paschtu in Afghanistan oder Spanisch in Lateinamerika? Bei der Deutschen Welle stehen Entscheidungen an, die intern für einigen Ärger sorgen. Doch die Präferenz der Intendanz scheint klar

Von SASCHA TEGTMEIER
und HEIKO DILK

Wenn das spanischsprachige Programm der Deutschen Welle (DW) in Lateinamerika tatsächlich Ende des Jahres eingestellt wird, liegt das auch an Afghanistan. Denn das Auswärtige Amt (AA) hat die Mittel für das afghanische Fernsehprogramm der Deutschen Welle in Dari und Paschtu gestrichen (die taz berichtete). Die DW will dennoch daran festhalten – auch ohne die Unterstützung von jährlich 1,2 Millionen Euro.

Die DW hat ohnehin finanzielle Probleme genug. 2004 muss der steuerfinanzierte Sender 4,5 Millionen Euro einsparen, 2005 sind es gar 8,5 Millionen. Am 19. Mai wird auf einer Klausurtagung entschieden, an welchen Stellen tatsächlich gespart wird.

Einer der Pläne sieht vor, die deutschsprachigen Nachrichtensendungen, die es in Lateinamerika auch gibt, mit spanischen Untertiteln zu versehen. Damit würde die DW zwar nicht ganz von den Bildschirmen Lateinamerikas verschwinden, jedoch in der Bedeutungslosigkeit versinken. „Wir befürchten, dass sich dadurch die Stammzuschauer von uns abwenden werden“, sagte der Leiter der DW-Fremdsprachenprogramme Klaus-Dieter Seelig der taz.

Übliche Untertitel

Vorgestern haben sich lateinamerikanische Wirtschaftsvertreter und der Deutsche Bundesverband des Groß- und Außenhandels an die DW-Intendanz mit der Bitte um Fortführung des spanischsprachigen Programms gewandt.

Der Verwaltungsdirektor der DW, Reinhard Hartstein, ist allerdings der Auffassung, dass der Bedarf für ein spanisches Programm auf dem Kontinent nicht allzu hoch ist. „Die Frage ist, ob man überall mit Programmen in Deutsch, Englisch und in der jeweiligen Landessprache vertreten sein muss.“ Außerdem sei man in Lateinamerika ohnehin eher an Untertitel gewöhnt als beispielsweise in Deutschland.

Bisher hat die Deutsche Welle recht ansehnliche Einschaltquoten in Lateinamerika. In Peru hat sie beispielsweise einen Marktanteil von 3,8 Prozent. DW-Fernsehchef Christoph Lanz ist daher über die Pläne, die spanischsprachigen Sendungen einzustellen, erstaunt: „Damit geht die Deutsche Welle beim Sparen an das Tafelsilber ran. Lateinamerika ist unser erfolgreichster Kontinent.“

Das spanischsprachige Fenster im Programm der Deutschen Welle ist auf dem gesamten Kontinent zu empfangen und besteht täglich aus zweimal einer Stunde Nachrichten und Dokumentationen. Die Sendungen werden zwar in Berlin produziert, die Nachrichten werden aber laut Seelig nach lateinamerikanischen Interessen gewichtet. Angesichts der „psychologischen Ablehnung gegenüber den USA“ auf dem Kontinent sei die Berichterstattung der DW dort besonders angesehen und wichtig.

Landeskundige Kritiker sagen jedoch, das lateinamerikanische Programm sei zu „deutschlandzentriert“, kaum jemanden zwischen Mexiko und Feuerland interessierten die Details deutscher Innenpolitik, über die die Deutsche Welle in aller Breite berichtet.

Ähnliche Kritik gibt es aber auch an dem afghanischen Programm der DW. „Den Menschen dort geht es im Moment vor allem um Krieg und Frieden in ihrem eigenen Land, nicht so sehr um internationale Nachrichten“, sagte der auf die arabische Region spezialisierte Medienwissenschaftler Schir Mohammad Rawan der taz. Trotzdem sei es wichtig, dass das Programm weiterbesteht, denn Afghanistan sei ansonsten „praktisch ein Land ohne Medien“.

Lieb und zu teuer

Die DW beliefert als einziger ausländischer Sender das staatliche Fernsehen RTA (Radio and Television Afghanistan). Als Teil seines „Islam-Dialogs“ finanzierte das Auswärtige Amt (AA) seit dem Sendestart im Sommer 2002 das täglich halbstündige Programm in zwei Sprachen.

Aus Kreisen des Auswärtigen Amtes hieß es gegenüber der taz, in finanzschwachen Zeiten müssten eben Prioritäten gesetzt werden.

Dabei brüstet sich die Bundesregierung nicht ungern mit ihrem internationalen Sender. Besonders wird dabei stets das Engagement in der arabischen Welt hervorgehoben.