Zapatero ordnet Abzug aus dem Irak an

Spaniens neuer Regierungschef macht seine Ankündigung aus dem Wahlkampf wahr: Mit einem UNO-Mandat für eine internationale Streitmacht im Irak sei bis zum 30. Juni nicht zu rechnen, also kehren die Truppen möglichst bald heim

AUS MADRIDHANS-GÜNTER KELLNER

Der spanische Truppenabzug aus dem Irak soll „so schnell und sicher wie möglich“ ablaufen. Die 1.300 Soldaten sollen binnen vier Wochen wieder in Spanien sein. Diese Weisung hat der neue spanische Regierungschef José Luis Rodríguez Zapatero seinem Verteidigungsminister José Bono bereits am Sonntag nur kurz nach dessen Vereidigung durch König Juan Carlos gegeben. Der angekündigte Abzug unterbrach nicht die planmäßige Ablösung der Streitkräfte. Gestern sind jedoch nur 190 statt wie vorgesehen 140 spanische Soldaten in den Irak geflogen.

Die Sozialisten waren offiziell noch gar nicht im Amt, da waren ihre Minister schon unterwegs. Vor zwei Wochen hatte sich José Bono mit US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld getroffen, auch Spaniens neuer Chefdiplomat Miguel Ángel Moratinos war mit Colin Powell zusammengekommen. Die Erkenntnis der sozialistischen Politiker aus diesen Kontakten: Die USA werden nicht bereit sein, ihr Engagement im Irak unter ein Mandat der Vereinten Nationen zu stellen.

Dies war jedoch die Bedingung, die Premier Zapatero für ein weiteres Verbleiben der spanischen Soldaten im Irak gestellt hatte. Bis zum 30. Juni müssten die Verbände am Persischen Golf unter der Befehlsgewalt der UNO stehen, sagte er im Wahlkampf immer wieder. Zapatero machte auch nach seinem Wahlsieg am 14. März klar, dass eine formale UN-Resolution nicht ausreiche. Die Verhältnisse müssten sich grundsätzlich ändern, forderte er. Zapatero hatte schon vor und während des Irakkriegs die Intervention im Golfstaat als Verstoß gegen internationales Recht bewertet. Auch die Präsenz der spanischen Streitkräfte dort ist für ihn folglich illegal. Die Anordnung des Truppenabzugs ist nach der Ernennung seiner Minister die erste Amtshandlung Zapateros. Dass er die spanischen Soldaten so schnell „nach Hause holen“ würde, war auch in Spanien eine große Überraschung.

Heute soll es im spanischen Parlament eine Debatte zum Truppenabzug geben. Mit Ausnahme der konservativen Opposition begrüßten alle spanischen Parteien die schnelle Entscheidung. Die Vereinigte Linke meinte, so habe sich Spaniens Regierung dem internationalen Druck der Sachzwänge entzogen. Die bürgerlichen katalanischen Nationalisten, die Zapatero bei seiner Wahl vergangene Woche nicht unterstützt hatten, würdigten den Abzug als „mutigen Schritt“.

Die konservative Volkspartei nannte die Entscheidung einen Kniefall vor den Terroristen. „Das ist eine unsolidarische Entscheidung, die Spanien für den Terrorismus verwundbarer macht“, sagte Oppositionsführer Mariano Rajoy. Spaniens Regierung habe den Vereinten Nationen keine Chance gelassen, überhaupt einen Vorschlag zu unterbreiten, kritisierte der Oppositionsführer.

Der bisherige Innenminister Angel Acebes unterstellte der neuen Regierung gar, sie habe Absprachen mit den Terroristen getroffen, blieb aber Belege für diese Behauptung schuldig. Spaniens Außenminister Miguel Ángel Moratinos nannte solche Anspielungen „eine Schweinerei“.

Moratinos sagte, Spanien sei entschlossen, auch weiterhin ein partnerschaftliches Verhältnis mit den USA zu unterhalten. Spanien werde auch weiterhin den Terrorismus bekämpfen. Hamas-Führer Mahmud Sahar erklärte gestern in der spanischen Tageszeitung El Mundo, Bin Laden habe die Spanier überzeugt, dass sie im Irak für nichts sterben würden. Der radikale irakische Schiitenführer Muktada al-Sadr rief seine Anhänger zudem dazu auf, die spanischen Truppen nicht mehr anzugreifen.