Schmeicheleien und Tadel

Brasilien und EU wollen Finanzkrise gemeinsam bekämpfen. Erneut Kritik an EU-Migrationsrichtlinie

BUENOS AIRES taz ■ „Wer wollte es wagen, die Probleme der Welt heute ohne Länder wie China, Indien und selbstverständlich auch Brasilien zu lösen?“ Die Schmeichelei des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy versprach Harmonie auf dem zweiten EU-Brasilien-Gipfeltreffen, bei dem der derzeitige EU-Ratspräsident am Montag mit Brasiliens Präsident Lula da Silva in Rio de Janeiro zusammentraf.

Dort kündigten Brasilien und die Europäische Union eine enge Zusammenarbeit zur Überwindung der Finanzkrise an. Bis zum nächsten Treffen der G-20-Staaten am 2. April in London wollen die EU und Brasilien eine „gemeinsamen Vorstellung“ zur künftigen Rolle des Internationalen Währungsfonds (IWF) und zu einem Kontrollsystem für die Finanzinstitutionen erarbeiten, sagte Sarkozy im Beisein von Lula. Die G 20 hatten bei ihren Treffen im November die Neuorganisation des Weltfinanzsystems sowie die Rolle des IWF und der Weltbank beschlossen.

Zwischen Januar und November 2008 war das Handelsvolumen zwischen Brasilien und der EU um 26 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres auf 77 Milliarden Dollar gestiegen. Für die Brasilianer ist damit die EU der größte Handelspartner, noch vor den USA – und in Zeiten der Krise ist das auch für die EU-Staaten bedeutend.

Grund genug immerhin für Nicolas Sarkozy, sich geduldig die Kritik des brasilianischen Präsidenten an der europäischen Einreisepraxis anzuhören, vor allem an der neuen Abschieberichtlinie der EU, die eine Abschiebehaft für illegale Migranten von bis zu 18 Monaten und ein anschließendes Einreiseverbot von bis zu fünf Jahren vorsieht. Sie war auch von Brasilien als Verstoß gegen „internationale Menschenrechte“ bezeichnet worden. In der Abschlusserklärung kündigten die EU und Brasilien an, die Gespräche über die gegenseitigen Einreisebestimmungen wieder in Gang bringen zu wollen. JÜRGEN VOGT