Sozialhilfe: CDU hat keine Ahnung

Der Streit um die Höhe der Sozialhilfe geht weiter. Fraktionschef Kastendiek unterstützt jetzt CDU-Landeschef Bernd Neumann. Dumm nur: Richtiger wird‘s so auch nicht. CDU verwechselt Pauschalen und De-facto-Ausgaben: Sie vergleicht Äpfel mit Birnen

Bremen taz ■ Der Streit zwischen CDU und SPD über die Höhe der Sozialhilfe geht weiter. Erst am Wochenende wurde CDU-Landeschef Bernd Neumann von SPD-Sozialsenatorin Karin Röpke darauf hingewiesen, dass Bremen mit der durchschnittlichen Unterstützung von Sozialhilfeempfängern nicht wie von ihm behauptet über, sondern tatsächlich unter dem bundesdeutschen Schnitt liege (taz berichtete). Jetzt hat CDU-Fraktionschef Jörg Kastendiek nachgelegt: Wenn schon nicht in den laufenden Kosten, dann zahle Bremen doch immerhin bei den einmaligen Pauschalen wie der Bekleidungspauschale mehr als die Bundesländer im Schnitt: 262 Euro betrage die Bremer Pauschale pro Jahr, der bundesdeutsche Schnitt liege bei 254 Euro.

Dumm nur: Der Mann verwechselt Äpfel mit Birnen. Denn es ist zu unterscheiden zwischen den Pauschalen einerseits – dem Maximum, was ein Sozialhilfeempfänger an Bekleidungsgeld beanspruchen kann. Das liegt in Bremen in der Tat bei 262 Euro. Auf der anderen Seite aber steht das, was tatsächlich ausgegeben wurde. Da liegt Bremen unterm Schnitt. Und nicht der bundesdeutsche Schnitt der Bekleidungspauschalen, sondern der des tatsächlich ausgegebenen Geldes lag 2002 bei 254 Euro – Bremen gab da aber nur 235 Euro pro Hilfeempfänger aus. 2003 sogar noch weniger: 224 Euro.

Im Bereich der Pauschalen, der auf dem Papier festgeschriebenen Höchstgrenzen, sei ein Vergleich schwierig, so Röpkes Sprecherin Heidrun Ide. Zwar liege die Bekleidungspauschale in Berlin bei 276 Euro, in Hamburg bei 277 Euro – aber in anderen Städten sei es differenzierter. Beispiel Dortmund: Teens zwischen 14 und 17 Jahren haben hier ein Anrecht auf 364 Euro Bekleidungsgeld, Frauen ab 18 auf 307, Männer nur auf 251 Euro.

Trotz Röpkes gestriger Ermahnung gen CDU, mit dem Verwirrspiel um Zahlen aufzuhören, legte Kastendiek nach – und führte zum Beweis der ach so hohen Bremer Bekleidungspauschale die vermeintlichen Pauschalen in Düsseldorf (180 Euro) und in Hannover (192 Euro). Das aber sind erneut die realen Ausgaben dieser Städte, nicht die Pauschalen. Kastendiek führte noch weitere Zahlen an: Mit den einmaligen Ausgaben insgesamt pro Sozialhilfe-Familie liege Bremen mit 957 Euro über dem Bundesschnitt – aber in Bremen, konterte das Sozialressort postwendend, seien die Familien nun mal größer als im Schnitt. Des Weiteren findet Kastendiek, wenn Bremen 2002 im Schnitt 317 Euro pro Sozialhilfe-Nase und Monat ausgebe, Duisburg aber nur 270 – dann müsse für Bremen doch noch was drin sein. Aber der CDU-Mann unterschlägt, dass in diesen Gesamtschnitt auch Mittel für Beschäftigungsmaßnahmen eingerechnet sind und es dieser Faktor ist, der Bremen in der Gesamtbetrachtung so weit über der Stadt im Ruhrpott liegen lässt. Bliebe dieser Faktor außen vor, läge Bremen nur wenig über Duisburg und den dann direkt folgenden ostdeutschen Städten. Röpke solle „handeln und nicht weiter lamentieren“, forderte Kastendiek gestern. Vielleicht sollte er erst mal seine eigenen Zahlen verstehen.

Susanne Gieffers