berliner szenen „Die ist nicht echt!“

Filmbasar in Neukölln

Am Wochenende in der geschützten Grünanlage Gropiusstadt: der Neuköllner Filmbasar. Das Foyer vom Gemeinschaftshaus ist in Nikotindunst gehüllt. Menschen über sechzig haben sich um einen Aschenbecher versammelt und diskutieren ihre neuesten Erwerbungen. Sie bieten um ein vergilbtes Magazin: Heinz Rühmann posiert in Paters Kutte. Enttäuscht steckt die Anbieterin das Heft weg; obwohl sich einst eine Nebendarstellerin darin verewigte, erntet sie bei den Rauchern eher Desinteresse.

In zwei Räumen des Bürgerzentrums werden Videokassetten, DVDs, Filmplakate und -bücher angeboten. Uralte Zeitschriften wechseln die Besitzer. Im Grunde aber ist der Basar in festen Händen von älteren Autogrammjägern und -sammlern. Die Ausnahme: eine Gruppe junger Mädchen. Sie ignorieren die Hitchcock-Biografie und erwerben einen Stapel Fotos; auf einem lässt Alexander, der erste RTL-Superstar, seine Zähne blitzen. Laut wird es, als sie die Karten untereinander aufteilen. Zwei Frauen in Trainingsanzügen begutachten signierte Fotos von Rockmusikern und beraten einander. Weil Bruce Springsteen so traurig guckt, stecken sie die Autogrammkarte zurück. Am Stand nebenan kaufen sie ein Foto der Hellwig-Schwestern. „Die lächeln wenigstens“, sagt die eine Frau zur anderen.

Die meisten Autogrammkarten aus Film und Politik verhökern zwei Männer. Pornodarsteller, die ihre Signatur auf Waschbrettbäuche setzen, haben bei ihnen eine eigene Abteilung. Fast landet Gregor Gysi zwischen den Nackedeis, schnell wird korrigiert: Sein Platz liegt hinter Ulla Schmidt. Und vor dem Bundesvorsitzenden der Republikaner. „Diese Karte ist aber nicht echt!“, ruft empört ein Interessent.

NIKLAS ALT