Hand auf‘s Herz

Musik für Liebessüchtige, die an ihren Obsessionen laborieren: Montag erscheint das neue Album von Regy Clasen

Treue Hörer leisteten durch den Kauf von T-Shirts mit dem Aufdruck „Regy-Assistent“ einen finanziellen und moralischen Beistand

Regy Clasen? Who‘s that girl? In der Intimitäts-Olympiade neuer deutscher Singer/Songwriterinnen belegt die in Hamburg wohnende Musikerin einen der vordersten Plätze, vor Yvonne Catterfeld und Sabrina-S-Klasse-Setlur auf jeden Fall.

Sie kennt sich aus mit den Belangen der Seele und des Herzens. Und das klingt, wie es klingen muss: gefühlt, erlebt und ohne Posing. „Ergib Dich“, der ausgekoppelte Titel ihres Debütalbums So nah (2000), lief als Video auf den Musikkanälen und brachte ein beinahe ausgestorben geglaubtes Feingefühl auf die Bildschirme, das auch Joni Mitchell-Fans gefiel.

Aber die Frau, die von sich selbst sagt, sie habe eine „Fernsehfresse“, fuhr mit der ersten Produktion nicht den von der Plattenfirma Sony gewünschten Erfolg ein und musste sich ganz schön aufrappeln, um das am Montag erscheinende zweite Album Wie tief ist das Wasser zu realisieren. Treue Hörer leisteten durch den Kauf von T-Shirts mit dem Aufdruck „Regy-Assistent“ einen finanziellen und moralischen Beistand, wie dies auch St. Pauli-Fans mit ihren „Retter“-Shirts taten. „Und mein Herz klopft wie ein Nachbar an die Wand“ – mit solchen Zeilen bedankt sich Regy Clasen.

Vom Sich-erkannt-Fühlen haben manche Titel die Qualität von Blumfeld-Songs. Messen Blumfeld tendenziell eher den öffentlichen Raum aus, wie viel Platz man darin hat und wie man ihn vergrößert, ermisst Regy Clasen den abgedunkelten Schauraum des Innen mit einer Wünschelrute. Dabei reicht sie mit ihren Worten und Stimmungen dicht an Unaussprechbares heran. Oft ist das peinlich, manchmal berührt es lösend. Dabei dürfte Regy andere Vorbilder haben: zu wenig Purple, zu viel Olli Schulz, Michy Reincke (für den sie auch im Vorprogramm auftritt) und andere verliebte Jungs. Auch etwas Jutta Weinhold hört man heraus.

Überwogen auf dem Debüt noch Drum‘n‘Bass-Rhythmen, ist das neue Album soulig-funkiger, aber meist bleiben die Titel sparsam und licht instrumentiert. Präzise beobachtet Regy Clasen, was Liebe ist, sein könnte, nicht ist. Und wie verheimlichte Eifersucht wirkt. Ihre Stärke sind die Balladen. Allen Liebessüchtigen, die an ihren Obsessionen laborieren, wird dieses Album nahe gehen. Highlights sind der 1.39-minütige Opener (im Wortsinne) „Träumst Du nicht“, „Die Stadt gehört Dir“ und „So gerne“. Letzteres ist die verständlichste und liebevollste Erklärung fürs Fremdgehen, die ich je gehört habe. Carsten Klook

Bremen: 4. April, 19 Uhr, Pier 2; Hamburg: 22. April, 21 Uhr, Lausch Lounge