DIE GRIECHEN DÜRFEN DEN UN-PLAN NICHT LEICHTFERTIG AUSSCHLAGEN
: Zypern hat keine Wahl

Dreißig Jahre lang haben die griechischen Zyprioten die Besetzung Nordzyperns durch türkische Truppen und die Teilung ihrer Insel beklagt. Wieder und wieder haben sie Ankara zu Recht der Unnachgiebigkeit beschuldigt und ihren eigenen Verhandlungswillen betont. Doch jetzt, da ein umfassender Plan zur Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats für alle Zyprioten auf dem Tisch liegt, können sie sich nicht dazu entschließen, ihn zu unterstützen. Das passt nicht zusammen.

Natürlich verlangt der UN-Plan von Griechen wie Türken schmerzhafte Kompromisse. Bei jedem vertriebenen Flüchtling ist die Enttäuschung mehr als verständlich, wenn er nicht zurückkehren darf. Doch eine politische Führung sollte nicht nur die Interessen von Vertriebenen-Organisationen berücksichtigen. Es existiert ein übergeordnetes Interesse, nicht nur für die Zyprioten, sondern auch für Europa. Und das gebietet, die einmalige Chance einer Überwindung dieses Konflikts nicht leichtfertig auszuschlagen. Um es mit UN-Generalsekretär Kofi Annan zu sagen: „Es besteht nicht die Wahl zwischen dieser Vereinbarung und irgendeiner wunderbaren Lösung. In Wahrheit geht es um die Entscheidung zwischen dieser Vereinbarung oder gar keiner Vereinbarung.“

Noch ist die Chance nicht endgültig vertan. In drei Wochen hat das Volk selbst die Gelegenheit, über die Gründung der „Vereinigten Republik Zypern“ abzustimmen. Bleiben die Zyperngriechen bei ihrer Ablehnung, dann wird sich so schnell niemand mehr finden, der eine neue Initiative zur Konfliktlösung anbietet. Dann wird Europa ab dem 1. Mai, wenn nur die Zyperngriechen der EU beitreten, mit einer Außengrenze aus Stacheldraht konfrontiert sein und mit der Tatsache, dass ein kleines Stück EU von türkischen Truppen besetzt bleibt. Dann werden die türkischen Zyprioten als eigentliche Verlierer weiterhin im Armenhaus des Inselnordens gefangen sein.

Ankara hat bei den Verhandlungen gezeigt, dass es an einer fairen Lösung interessiert ist. Das erhöht die Chancen für die Türkei auf einen EU-Beitritt. Und das zumindest werden die Zyperngriechen auch durch ein Nein nicht mehr verhindern können. KLAUS HILLENBRAND