Streit um Lehre verewigt

Ausbildungsumlage heute erstmals im Bundestag. Kritik auch bei Rot-Grün heftig. Jährlich soll neu entschieden werden, ob Betriebe blechen müssen

AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER

Die Probeabstimmung war ein Schlag ins Wasser. Gleich 25 Abgeordnete stimmten in der SPD-Fraktion am Dienstagabend gegen die hart umkämpfte Ausbildungsumlage. Trotzdem wollen die Regierungsfraktionen den Gesetzentwurf heute in erster Lesung in den Bundestag einbringen. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens sei man aber „offen für Änderungen“, sagte der Fraktionsgeschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, gestern. Allein die Grünen, bei denen es 13 Gegenstimmen in der Fraktion gab, haben bereits elf Änderungswünsche vorgelegt.

Das Gesetz soll laut Schmidt möglichst noch in der ersten Maiwoche verabschiedet werden. Notfalls könnte der Bundestag am 9. Juli sogar zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Laut Schmidt einigte sich SPD-Fraktionschef Müntefering am Dienstagabend mit Finanzminister Eichel (SPD) auch über die Finanzierungsfragen. Weil die Abgabe die Gewinne der Unternehmen schmälere, fürchtet Eichels Ministerium Steuerausfälle. Über den Inhalt der Einigung wurde jedoch nichts gesagt.

Offen ist nach wie vor, welches Ministerium für die Verwaltungskosten aufkommt, wenn die Drohung mit der Umlage wirkt. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass die Wirtschaft Jahr für Jahr die Möglichkeit hat, die Umlage zu verhindern. Werden also schon vor dem Stichtag ausreichend Lehrstellen geschaffen, müssen keine Unternehmen in den geplanten Ausbildungsfonds einbezahlen. In diesem Fall müssten die Verwaltungskosten des Fonds mit etwa 500 Mitarbeitern, der beim Bundesverwaltungsamt angesiedelt werden soll, vom Staat getragen werden. Diese betragen rund 50 Millionen Euro. Einen Automatismus für die Umlage gibt es nicht. Die Regierung muss also jährlich entscheiden, ob diese den Unternehmen abverlangt werden soll. Die Kommunen verlangten eine Ausnahmeregelung. Die Städte müssten von der Zahlung befreit werden, verlangte der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, Stephan Articus. Er wies darauf hin, dass die Kommunen als Träger der beruflichen Schulen zur Ausbildung beitragen.

Der Bundesrat muss dem Gesetz nicht zustimmen. Die Union will den Entwurf trotzdem in der Länderkammer stoppen. Dafür müsste der Bundesrat das Gesetz mit einer Zweidrittelmehrheit ablehnen – dies wäre möglich, wenn etwa das rot-grüne Nordrhein-Westfalen, dessen Ministerpräsident Peer Steinbrück zu den Kritikern der Umlage gehört, mit Nein stimmt. Dann könnte der Bundestag den Bundesrat nur mit einer Zweidrittelmehrheit überstimmen. Müntefering verhandelt derzeit mit den SPD-Ministerpräsidenten.

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