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: Rezepte wider den Öko-Populismus

Die Nacht der Emissionen endete mit einer Niederlage für eine aufgeklärte Umweltpolitik. Natürlich wäre eine drastischere Beschränkung beim Ausstoß von CO2 sinnvoll gewesen, nicht nur aus Vertragstreue gegenüber dem Kioto-Protokoll, sondern auch, weil jede Tonne weniger eine Investition in den Planeten ist. Doch bei der Sitzungsrunde im Kanzleramt war offenbar kein Durchkommen mit diesen Argumenten. Viele Umweltfreunde glauben nun, die Schuldigen zu kennen: Wolfgang Clement, der endgültig vom Wirtschafts- zum Industrieminister mutiert ist, und Gerhard Schröder, der ihm den Rücken gestärkt hat im Streit mit dem Umweltminister. Doch Vorsicht, wer die Missetäter für ausgemacht hält, zeigt mit dem Finger auf die falschen Sünder.

KOMMENTARvon PATRIK SCHWARZ

Schröder taugt nicht als Sündenbock, denn im Kanzleramt sitzt kein Ökomuffel, nur ein Ökopopulist: Grün ist genehm, wenn’s dem Volk gefällt. In Zeiten des Mangels aber hat die grüne Idee einen schweren Stand. Sie ist zurückgeworfen auf ihre Anfänge: Ökologie erscheint vielen wieder als Luxusgut – schön, wenn man sie sich leisten kann, aber auf der Streichliste ganz oben, sobald es eng wird. In der Dürre der Agenda 2010 ist Umweltbewusstsein zu einem welken Pflänzchen geworden.

Wo die Spar-Agenda herrscht, muss sich der grüne Gedanke neu legitimieren. Gesucht ist also ein Rezept wider den Ökopopulismus der Methode Clement – „was sich nicht rechnet, lohnt sich nicht“. Versöhner von Umwelt und Wirtschaft wie Fritz Kuhn oder Reinhard Bütikofer haben das erkannt. Doch klugen Büchern über den Zukunftsmarkt Ökologie zum Trotz ist die Bilanz zunächst einmal bitter. Der Emissionskompromiss zeigt, die Propheten des grünen Fortschritts finden derzeit kein Gehör, erst recht nicht mit unangenehmen Wahrheiten.

Das ist nicht nur schlecht: Die grünen Visionen sind in der Wirklichkeit angekommen. Die Richtigkeit umweltpolitischer Ideen und Instrumente muss sich durchsetzen in Konkurrenz zum wieder erwachten Wachstumsdogma. Einfacher gesagt geht es um den Kampf neues Denken gegen altes. Dass ausgerechnet der selbst stilisierte Innovationskanzler sich nun einen Rückfall in den Kohle-&-Stahl-Protektionismus leistet, enthebt nicht den Rest der Gesellschaft, eine Antwort zu finden: Wie viel sind uns unsere leichtherzigen Bekenntnisse zum Verzicht in Zeiten des Überflusses wirklich wert – nun, da der Verzicht erstmals spürbar wird?