Bundeswehr: Zurück an die Heimatfront

Die Streitkräfte stellen sich verstärkt auf den Schutz des Inlands ein. Sie sollen mit zivilen Organisationen zusammenarbeiten, sagt Verteidigungsminister Struck. Selbst der Einsatz von ABC-Abwehrkräften sei bereits nach geltendem Recht möglich

AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER

Die Bundeswehr bereitet sich verstärkt auf eine Terrorabwehr im Inland vor. „Der Schutz Deutschlands bleibt eine Kernaufgabe der Bundeswehr“, sagte Verteidigungsminister Peter Struck, als er gestern sein Konzept für die Weiterentwicklung der Bundeswehr vorstellte. So genannte asymmetrische Bedrohungen – also auch Terroranschläge auf deutschem Terrain – sollen bei der Planung der Einsätze stärker als bisher berücksichtigt werden.

So soll künftig jedem Bundesland ein Kommando der Bundeswehr zur Verfügung gestellt werden. Es soll im Fall einer Bedrohung die Zusammenarbeit zwischen zivilen Katastrophenschutzorganisationen und der Bundeswehr koordinieren. Die Kommandos könnten dann die Führung übernehmen und je nach Lage auch entsprechende Truppenteile mobilisieren.

Dieses Zusammenspiel, etwa mit dem Technischen Hilfswerk oder der Feuerwehr, soll demnächst in gemeinsamen zivil-militärischen Übungen erprobt werden. Reservisten können sich künftig leichter als bisher freiwillig an solchen Einsätzen beteiligen.

Bundeswehr-Generalinspekteur Wolfgang Schneiderhan betonte in diesem Zusammenhang, die Planungen beruhten auf der „gültigen Rechtslage“. Basis sind die „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ vom Mai 2003. Demnach ist die Bundeswehr verpflichtet, zum Schutz der Bevölkerung Kräfte und Mittel „entsprechend dem Risiko“ bereitzuhalten.

Eine Änderung der Verfassung, um die Bundeswehr schneller als bisher im Inland einsetzen zu können, lehnt Struck weiterhin ab. Er warf der Union vor, eine „Scheindebatte“ zu führen. Das Grundgesetz sehe schon jetzt „einen breiten Kanon von Einsatzmöglichkeiten vor“, sagte der Minister. Dazu gehörten die logistisch-technische Amtshilfe, der Schutz von zivilen Objekten im Spannungs- und Verteidigungsfall, Hilfe bei Naturkatastrophen und Unglücksfällen sowie die Unterstützung der Polizei beim Schutz ziviler Objekte zur Abwehr einer drohenden Gefahr nach Artikel 87 Absatz 4 Grundgesetz.

Auch der Einsatz von ABC-Abwehrkräften ist laut Struck bereits nach geltendem Recht möglich, sofern der zuständige Innensenator des betroffenen Bundeslandes um Amtshilfe bittet.

„Klar ist, dass die Bundeswehr im Innern eingesetzt werden soll, wenn nur sie über die nötigen Fähigkeiten verfügt, Bedrohungen abzuwehren“, sagte Struck. Eventuelle Sicherheitslücken würden mit dem Luftsicherheitsgesetz, das der Bundestag bereits in erster Lesung beraten hat, geschlossen. Zudem verhandelt Struck mit den Innenministern der Länder, ob und wie man die Marine zur Abwehr einer terroristischen Bedrohung einsetzen könnte.

Dass die Bundeswehr nach dem neuen Konzept in erster Linie auf Auslandseinsätze ausgerichtet wird, führt nach Ansicht des Generalinspekteurs Schneiderhan nicht zu einer Vernachlässigung des Schutzes für Deutschland. So werde bei der Entsendung von Kontingenten, etwa für Einsätze im Rahmen der UN oder der Nato, stets die Bedrohungslage in Deutschland berücksichtigt, sagte Schneiderhan. Die Entscheidungen würden zudem durch das Parlament kontrolliert.

Struck ging davon aus, dass sein Etat bei den bevorstehenden Haushaltsverhandlungen nicht gekürzt wird. In seiner Material- und Ausrüstungsplanung hält der Minister an der Beschaffung von 180 Eurofightern und 60 Airbus-Transportflugzeugen A 400 M fest. Der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Christian Schmidt, warf Struck vor, in seiner Planung bewusst Defizite in Kauf zu nehmen.