Die Eleganz des Minimalismus

Nach acht Maxi-Singles legt die Kölner Techno-Musikerin M.I.A. ihr erstes Album vor. Die 28-Jährige mag sich nicht ins „Mädchen-Fach“ stecken lassen und vermeidet allzu harmonische Melodien

Von Christian Meyer

Vor zehn Jahren, mit 18, zog Michaela Grobelny aus Pulheim nach Köln. Und vor zehn Jahren fing sie auch an, Musik aufzulegen, genauer gesagt: Techno. Ihr Großstadtdasein ist seitdem von dieser Musik geprägt. Lange schon tourt sie als DJ quer durch Deutschland, und inzwischen – so nennt sie es selbst – „bastelt“ sie auch im heimischen Kellerstudio in Ehrenfeld an eigenen Stücken. Bereits acht von Presse und Publikum äußerst positiv aufgenommene Maxis hat sie unter dem Namen M.I.A. – nicht mit der Berliner Band Mia zu verwechseln – veröffentlicht, vier davon auf dem eigenen Label „sub static“, das sie seit 2000 mit Falko Brocksieper betreibt. Mit „schwarzweiß“ ist nun ist ihr erstes Album erschienen, das sie auch in der internationalen Szene bekannter machen dürfte.

Stimme als Ergänzung

Sieben Tracks findet man auf der Doppel-LP – eine CD-Version wird es nicht geben, „das macht bei Clubmusik keinen Sinn“, sagt M.I.A. Sie ist stolz darauf, zwischen Remix-Aufträge, etwa für „The Modernist“ oder die Kölner Kollegen vom Label Areal, zwischen DJ-Job und Labelarbeit die Zeit für die eigene Produktion gefunden zu haben.

Was neben einer feinen dramaturgischen Entwicklung und den melodischen Elementen ihrer Musik als erstes auffällt, ist ihr Gesang. „Ich verwende Stimme als Sound, als Ergänzung, die das Lied weicher und interessanter, aber auch undifferenzierter macht. Ich finde es oft gut, wenn man die Sachen nicht versteht. Sonst hat das oft gleich etwas plakatives. Wenn ich mich zu etwas Deutlichem bekennen möchte, denke ich mir direkt: Vielleicht nuschel ich es lieber. Man könnte es ja verstehen und mir einen Strick draus drehen.“

Trotzdem sind die Texte auf dem Cover abgedruckt. In eine „menschelnde“ Argumentation verfällt sie bei dem Thema nicht. „Techno braucht die Stimme nicht unbedingt, um etwas Lebendiges zu haben. Für mich hat Techno schon Leben durch die Strings und die Harmonien. Die Stimme ergänzt das Ganze höchstens. Damit ein Lied leben hat, muss man mit den Sounds arbeiten.“ In dieserHinsicht hat sie sich schon lange dem eleganten Minimalismus verschrieben. „Das Beatgerüst, das erst mal gemischt werden muss, damit ein Track entsteht, ist die minimalistische Grundstruktur. Und dann kleidet man das ein wie eine Puppe, mit Kleidchen – schlicht und dezent, oder mit tausend kleinen Accessoires. Bei mir ist es dann eher das schlichte Kostüm.“

Eine Frau im „Jungs-Ding“

Bei einer solchen Metapher kommt man schnell auf die Frage nach der Situation als Frau innerhalb eines solchen „Jungs-Dings“. M.I.A weiß: „Es gibt immer noch ein paar Idioten, die meinen, da Unterschiede machen zu müssen.“ Und leider könne man sich diesen Zuordnungen nur selten ganz entziehen. „Vielleicht wehre ich mich manchmal sogar gegen ganz harmonische Melodien, denn man könnte mich ja zu leicht in das ,Mädchen-Fach‘ stecken. Das roughe und metallische am Techno hat mich aber auch immer geprägt.“ Ein leicht genervter Gesichtsausdruck begleitet das Thema. „Ich rede darüber und antworte meinetwegen auch feministisch, weil ich das immer noch für wichtig halte und das meine Rolle in dem Ganzen ist. Es ist immer noch erwähnenswert, dass man auf diese Nichtakzeptanz stößt. Eigentlich sollte es heute kein Thema mehr sein, aber notfalls muss es eben zwanzigmal gesagt werden!“

M.I.A.: „schwarzweiß“. sub static, 036