UNO stimmt für die USA

Der Sicherheitsrat gesteht den USA und Großbritannien alle wesentlichen Entscheidungen im Nachkriegs-Irak zu

aus Genf ANDREAS ZUMACH

Die bislang illegalen Besatzer des Irak handeln jetzt mit dem Segen, wenn nicht der gesamten UNO, so doch zumindest ihres obersten Entscheidungsgremiums. Der Sicherheitsrat erkennt die USA und Großbritannien zwei Monate nach Beginn ihres völkerrechtswidrigen Kriegs gegen Bagdad am Donnerstag offiziell als oberste „Autoriät“ im Irak an. In einer Resolution, die gestern mit 14 von 14 Stimmen verabschiedet wurde – der syrische Vertreter boykottierte die Sitzung –, erfüllt der Rat die wesentlichen Forderungen Washingtons und Londons: Die oberste Kontrolle und letzte Entscheidung in allen relevanten Fragen bleibt auf unbestimmte Zeit bei der „Autorität“ der amerikanisch-britischen Besatzer. Zugleich sind die Wirtschaftssanktionen aufgehoben. Damit können die US-Firmen mit der Umsetzung der Wiederaufbauaufträge beginnen, die ihnen von der Bush-Administration in den letzten Wochen unter Verstoß gegen das Völkerrecht bereits zugeschanzt wurden.

Die UNO erhält nicht die von den ehemaligen Kriegsgegnerstaaten Frankreich, Deutschland und Russland zunächst geforderte „zentrale“ oder „führende“ Rolle. Zwar betonte der Rat seine „Entschlossenheit, dass die UNO eine entscheidende Rolle spielen soll“. Doch in den 27 Paragraphen des eigentlichen Beschlussteils der Resolution bleibt die Funktion der UNO und ihres von Generalsekretär Kofi Annan zu ernennenden „Sonderbeauftragten für Irak“ weitgehend beschränkt auf „Mitwirkung“, „Hilfe“ und „Kooperation“ mit der „Autorität“, welcher in Streitfällen die letzte Entscheidung obliegt. Anders als im Völkerrecht festgelegt, müssen die USA und Großbritannien nach der Resolution nicht für die durch ihren Krieg verursachten Kosten aufkommen. Sämtliche Maßnahmen sollen aus noch vorhandenen Geldern des – mit der Resolution bis 22. November verlängerten – UNO-Programms „Öl für Nahrungsmittel“ beziehungsweise aus künftigen Verkäufen irakischen Öl finanziert werden. Die Kontrolle über die Ölförderung, die Verkäufe und die Verwendung der Einnahmen liegt bei der „Autorität“.

Die Finanzierung der Wiederaufbaumaßnahmen im Irak soll von einem „Entwicklungsfonds“ der irakischen Zentralbank „koordiniert“ und von „unabhängigen Wirtschaftsprüfern kontrolliert werden“, die wiederum von einem internationalen Beirat ernannt werden. Diesem Beirat sollen Beauftragte des UNO-Generalsekretärs sowie führende Vertreter der Weltbank, des Internationalem Währungsfonds und der Arabischen Entwicklungsbank angehören. Doch die Entscheidung über die Verteilung der Gelder aus dem „Entwicklungsfonds“ obliegt allein der amerikanisch-britischen Autorität in „Konsultation“ mit einer noch zu bildenden „irakischen Übergangsverwaltung“. Als Zweckbestimmung für den Entwicklungsfonds nennt die Resolution neben „humanitären Maßnahmen, wirtschaftlichem Wiederaufbau, Reparatur der zerstörten Infrastruktur, fortgesetzter Abrüstung und den Kosten für die zivile Verwaltung Iraks“ auch „andere Zwecke von Vorteil für das irakische Volk“. Hinter dieser Formulierung verbirgt sich die Option Washingtons und Londons, auch einen Teil ihrer eigenen Kriegskosten nachträglich mit irakischen Ölgeldern zu finanzieren.

Mit Blick auf die angebliche Existenz von Massenvernichtungswaffen im Irak – ehemals die Hauptbegründung Washingtons und Londons für den Krieg gegen Bagdad – hält die Resolution lediglich fest, dass „Irak seine Abrüstungsverpflichtungen erfüllen muss“. Die USA und Großbritannien werden „ermuntert“, den Sicherheitsrat über ihre diesbezüglichen Aktivitäten zu informieren. Eine Rückkehr der Waffeninspekteure der Unmovic und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO) ist nicht vorgesehen. Der Rat unterstreicht lediglich seine „Absicht“, sich dem durch frühere Resolutionen festgelegten Mandat dieser beiden Organisationen zu einem nicht näher bestimmten späteren Zeitpunkt wieder „zuzuwenden“.

Die Forderung Frankreichs, die mit dieser Resolution offiziell bestätigte Rolle der beiden Besatzungmächte USA und Großbritannien auf zwölf Monate zu begrenzen, setzte sich nicht durch. Die amerikanisch-britische Autorität im Irak soll erst enden, wenn „durch das irakische Volk eine international anerkannte, repräsentative Regierung etabliert ist“. Für Wahlen und andere hierzu erforderliche Schritte enthält die Resolution keinerlei Zeitvorgaben.