Tanz mir den Terror in Oldenburgs Theater

Israelische Kulturwochen in Niedersachsen: Mit Techno und allzu plakativen Bildern verübt Rami Be’ers Ballett „Screensaver“ einen Anschlag auf die Sinne. Da bleibt nur: Abschalten. Schade um die lyrischen Passagen

Helikopter donnern, Gewehrsalven knattern, Schwarz-Weiß-Projektionen, überlebensgroß. Und hämmernde Musik. Techno, Drum’n Base erschüttern den Stuck und die Lüster des Oldenburgischen Staatstheaters, das im Rahmen der israelischen Kulturwochen in Niedersachsen die „Kibbutz Contemporary Dance Company“ präsentiert.

„Screensaver“ ist ein Anschlag auf die Sinne. Denn Choreograph Rami Be’er aus Israel verwandelt das Bühnenbild und selbst die Körper seiner Tänzerinnen und Tänzer zur reinen Projektionsfläche für Videosequenzen. Überdimensionale Betten sind Trampoline, auf denen sich Stehaufmännchen unisono vor- und zurückfallen lassen, isoliert voneinander, bis vereinzelt Begegnung gewagt wird.

Dann werden die Bettgestelle zum Reck, in dem Paare turnen, Zärtlichkeit versuchen, Annäherung, um kraftlos hängen zu bleiben, mit rudernden Beinen, wie Hamster im Rad. Und über der Szene drohend ein Breakdancer im glitzernden ABC-Schutzanzug, am Rande indes, eine weißberockte Frau, die sich defensiv und vorsichtig windet. Sie rollt einen weißen Teppich aus, den Weg des Friedens offenbar, denn natürlich wird hier der Konflikt thematisiert, in dem sich die Israelis seit Gründung ihres Staates befinden.

Rami Be’er will nach eigener Aussage die inneren Bilder animieren, was jedoch in dieser erschlagenden Vorwegnahme kaum möglich ist. Schade um die lyrisch berührenden Momente: Die Bettkästen liegen umgestürzt, die Pfosten ragen auf, Grabsteine. Klagendes Weinen ertönt, Gewehrsalven. Die weißberockte Frau wird von zwei Männern in der Trauer hin und hergeschwungen. Das Bild ist eindeutig, doch Be’er setzt noch eins drauf und projiziert ein Gräberfeld. Das ist schlicht plakativ. So ist der tatsächliche Effekt, den „Screensaver“ über weite Strecken erzeugt: abschalten … Was aber berührt, ist die offenbare Hilflosigkeit der einzelnen Paare, einen Dialog zu finden. Und wenn sich auf den Körpern Projektorenstrahlen zu Spiralen drehen, wird fühlbar, wie all die alten Wunden der Kriegsgeschichte des vergangenen Jahrhunderts noch in jedem Einzelnen von uns brennen: Als Sprachlosigkeit, Beziehungsgewalt und Resignation . Marijke Gerwin