Langohr in Not

Die Deutsche Wildtierstiftung warnt: Der Feldhase wird immer seltener. Schuld sind intensivierte Landwirtschaft und Flächenzersiedelung

von Marieke Kraft

Er schnellt über die Felder, schlägt Haken und insbesondere in seiner Paarungszeit bietet er Beobachtern amüsante Wettrennen. Der Hase ist seit Jahrhunderten als Symboltier für Fruchtbarkeit und Auferstehung bekannt. Nicht zuletzt wird er als Frühlingsbote schlechthin mit Ostern in Zusammenhang gebracht.

Die Wirklichkeit des Feldhasen, neben dem Schneehasen der hierzulande bekannteste Vertreter der „echten Hasen“, stellt sich weniger idyllisch dar: Nach Angaben der Deutschen Wildtier Stiftung nimmt seine Anzahl in Europa ab und innerhalb Deutschlands wird er auf der Roten Liste der bedrohten Tierarten als „gefährdet“ eingestuft. Ein Hauptgrund hierfür, so Dr. Dieter Martin, Forschungsleiter der Organisation, ist die Intensivierung der Landwirtschaft. „Früher konnten sich Hasen besser auf natürliche Einflüsse einstellen, weil es einen geeigneten Lebensraum gab.“ Heutzutage habe etwa ein verregneter Sommer drastische Auswirkungen, und es seien schon Jungtiere ertrunken, weil es zu wenig bepflanzte Feldbegrenzungen zum Schutz gibt. Das habe überdies zur Folge, dass „Hasen noch leichtere Beute für Feinde wie Füchse oder Greifvögel geworden“ seien, weiß Sven Holst, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Wildtier Stiftung.

Um die energiereiche Milch für seine Jungen zu produzieren, brauche der Hase verschiedene Kräuter als Futter. Häufig jedoch werde genau diese Nahrungsgrundlage durch die Verwendung von Pestiziden zerstört. Abhilfe soll hier das bundesweite Feldhasenprojekt schaffen, das verbunden ist mit der von der EU geförderten Initiative „Lebensraum Brache“ (www.lebensraum-brache.de). Daran beteiligt sind neben der Deutschen Wildtierstiftung der Deutsche Verband für Landschaftspflege. Landwirte, die für das Naturschutz-Projekt Flächen bereitstellen, werden dafür honoriert. In Bayern und Hessen sollen auf diesen Brachen „für den Hasen lebensnotwendige Kräuter angebaut werden“, sagt Sven Holst. Für Hamburg sei ein derartiges Projekt bisher nicht geplant.

Feldhasen legen keine Baue an, sondern liegen tagsüber meist in ihrer so genannten Sasse. „Die Tiere ducken sich und machen sich erst in letzter Sekunde aus dem Staub – das ist meist zu spät, wenn ein Mähdrescher naht“, bedauert Biologin Sylke Dawartz, Beauftragte für Artenschutz bei der Hamburger Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt. Ein weiteres Problem sei „die Zerschneidung der Landschaft durch den Straßenverkehr“. Deshalb würden immer mehr Tiere den Tod auf der Autobahn finden.

Sowohl in Hamburg als auch in Schleswig-Holstein ist der Hase auf der regionalen Vorwarnliste eingetragen. „Die Bebauung an Hamburgs Stadträndern gefährdet die Brachefelder“, sagt Irmgard Dudas, Sprecherin des BUND-Wandsbek. Außerdem würden immer wieder junge Hasen Hunden und Katzen zum Opfer fallen. „Der Bestand ist eindeutig rückläufig“, bestätigt auch Heinz Peper vom Naturschutzbund Hamburg. Doch sei, so zumindest Klaus-Peter Schöttler, einer der drei Hamburger Jägermeister, der Hase in der Hansestadt „in keinster Weise bedroht“.

Im nördlichsten Bundesland ist eine Gefährdung nach Aussagen von Dr. Daniel Hoffmann vom Wildtierkataster, einem Projekt des Landesjagdverbandes Schleswig-Holstein und der Universität Trier, nicht erkennbar. Der Biologe hat über das Thema „Populationsdynamik und -entwicklung des Feldhasen in Schleswig-Holstein“ promoviert. „Die Anzahl der Feldhasen hat sich bereits Anfang der 60er Jahre reduziert, seitdem sind es nicht merklich weniger geworden.“ Nach Angaben Heiko Schmüsers, Geograf und Mitarbeiter beim Wildtierkataster, gebe es lediglich regionale Unterschiede in der Verbreitung. „An der Westküste ist der Hase häufig, in Lauenburg eher selten – aber diese Zahlen sind seit Beginn unserer Erhebungen 1995 konstant geblieben.“

Für Peter Borkenhagen, der sich für den Naturschutzbund um die Erfassung von Säugetieren in Schleswig-Holstein kümmert, kein Grund zur Entwarnung: „Wir müssen den Hasen weiterhin gut beobachten“, sagt der Zoologe, „damit erst gar keine Gefährdung eintritt.“