Entspannende Gespräche unter Genossen

Im Hamburger Streit um SPD-Kandidaten für den Bundestag will Landeschef Egloff Parteitage mit Delegierten durch Vollversammlungen ersetzen. Bundestagsfraktionschef Struck fordert Politiker mit Berufserfahrung

Der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Peter Struck, hat die Abwahl des SPD-Linken Niels Annen als Direktkandidat im Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel kritisiert. Er halte es nicht für richtig, einen Abgeordneten nach nur vier Jahren aus dem Amt zu drängen, wenn dieser sowohl im Wahlkreis als auch in Berlin ordentlich arbeite, sagte Struck am Donnerstag bei einer Gesprächsrunde der Elmshorner Nachrichten: „Es gehört sich nicht.“ Hamburgs Juso-Vorsitzender Danial Ilkhanipour hatte sich auf dem Nominierungsparteitag des SPD-Kreisverbandes mit 45 zu 44 Stimmen gegen Annen durchgesetzt.

Zugleich erklärte Struck jedoch, er wünsche sich „Politiker mit ein paar Jahren Berufserfahrung“ im Bundestag. Es gebe immer mehr Menschen mit dem Berufsziel Politiker: „Diese Leute werden keine Führungsfähigkeiten entwickeln, um unser Land zu regieren“, sagte der Jurist. Das aber trifft auf beide Kontrahenten in Eimsbüttel zu. Der 35-jährige Annen hat sein Geschichtsstudium ohne Abschluss abgebrochen, der 27-jährige Ilkhanipour studiert im 17. Fachsemester Jura.

Ihm wird vorgeworfen, seine Kandidatur erst bekannt gegeben zu haben, als die Delegierten für die Wahlversammlung am 15. November feststanden. Seither herrscht in der Hamburger SPD ein erbitterter Streit über die Kandidatur. Eine vom Landesvorstand unterstützte Mitgliederversammlung zur Befriedung der Partei scheiterte nun am Widerstand Ilkhanipours.

Hamburgs SPD-Chef Ingo Egloff denkt deshalb über ein Ende des Delegiertensystems bei Nominierungen nach. Auf der Landesvorstandssitzung am Montag werde er diesen Vorschlag unterbreiten, kündigte Egloff an. Das bestehende System stamme aus einer Zeit, „als wir 30.000 oder 40.000 Mitglieder hatten“, sagte er. Nun habe Hamburgs SPD nur noch 11.000 Mitglieder, der größte Kreisverband Wandsbek umfasse 2.500 Sozialdemokraten. Da sei es „durchaus möglich, Vollversammlungen abzuhalten“, bei denen dann jedes SPD-Mitglied mitwählen könne. In Hamburg laden sonst nur die Grünen mit ihren rund 1.300 Mitgliedern zu Vollversammlungen.

Die verfahrene Situation in Eimsbüttel löst das aber nicht mehr. Ilkhanipour müsse begreifen, dass er nicht gegen die halbe Partei agieren könne, findet Egloff. Er kündigte deshalb an, „Entspannungsgespräche“ zu führen: „Das darf nicht zu einer unendlichen Geschichte werden.“ SVEN-MICHAEL VEIT