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: „Mädchenmusik“ gibt es nicht

Neulich waren die luftgefederten Folkpopper Belle & Sebastian in der Stadt – da fiel es wieder, das böse Wort

Das böse Wort war Mädchenmusik. Wo es fällt, wächst kein Gras mehr. Ist es Mädchenmusik, dann braucht es mich nicht zu interessieren. Norah Jones beispielsweise. Schmeckt nach Darjeeling und riecht nach Räucherstäbchen. Gebraucht wird der Begriff gerne als diskreditierende Zuschreibung und Abgrenzung zugleich, und zwar sehr überwiegend von Jungs.

Und schon wird’s knifflig. Wenn nämlich Jungs von Jungsmusik sprechen, so schwingt immer ein geschlechtsgenossenschaftliches Einvernehmen mit: Ist Jungsmusik, ey, verstehste? Motörhead beispielsweise. Riecht nach Pissoir und schmeckt nach Bier.

Gehen Jungs auf ein Konzert von Norah Jones, dann wegen ihrer Freundinnen. Gehen Mädchen zu Motörhead, dann wegen ihrer Freunde. Dabei wird mehr geduldet als genossen, was auf der Bühne passiert. Der Effekt ist dem Widerwillen vergleichbar, mit dem Jungs durch Allegra und Mädchen durch Maxim blättern. Mit „Sex And The City“ und „24“ verhält es sich ähnlich.

Scheint also alles ganz logisch, vielleicht sogar genetisch bedingt zu sein – wäre da nicht das eingangs erwähnte Detail, dass es ausschließlich Jungmännchen sind, die der geschlechtlichen Differenz das Wort reden. Mädchen können durchaus Jungsmusik hören, ohne Abstriche am Image – im Gegenteil. Wer aber als Junge freiwillig Mädchenmusik hört, der ist entweder schwul oder, schlimmer noch, ein Frauenversteher: ein Verräter an den chauvinistischen Übereinkünften des heterosexuellen Rudels.

Wer Zuschreibungen wie Jungsmusik oder Mädchenmusik benutzt, bedient sich damit typisch männlicher Distinktionskonstrukte. Pop? Ist ein erotischer Hermaphrodit. FRA