Uni gegen Nestschmutz

Uni Düsseldorf zensiert Lehrstuhlinhaberin. Die Medienwissenschaftlerin geißelte die Überlast am Fachbereich – Uni und Uni-TÜV sehen das anders

Auf der Internetadresse werden „technische Gründe“ für die Seitensperrung angeführt

AUS DÜSSELDORFSVEN PRANGE

An der Heinrich-Heine-Uni in Düsseldorf geht Rektor Alfons Labisch mit rigiden Mitteln gegen eine aufmüpfige Professorin vor. Deren Internetseite wurde auf Anweisung des Rektors gesperrt, der E-Mail-Account gekappt. Das ist das erste Mal, dass die Universität so einen Schritt gegen einen ihrer Wissenschaftler unternimmt. „Aus hochschulinternen Gründen“, wie Uni-Sprecher Rolf Willhardt erklärt.

Es handele sich um „einen ganz normalen Schritt.“ Im Übrigen laufe gegen die Lehrstuhlinhaberin für Medienwissenschaften, die Professorin Karin Böhme-Dürr ein Disziplinarverfahren. Zu den Gründen will die Uni keine Stellung nehmen, das sei Sache des Landesministeriums für Wissenschaften. Doch das verweist auf den Datenschutz und lehnt jeden Kommentar ab. Die Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) ist verwundert: „Das ist ein höchst ungewöhnlicher Schritt. Gerade bei einer Professorin, bei der die Kommunikation nach außen zur Arbeit gehört“, urteilt GEW-Justiziar Paul Michel. „Ich weiß von keinem ähnlichen Fall.“

Auf der angestammten Internetadresse werden derweil „technische Gründe“ für die Sperrung der Seite angeführt. Dass diese Gründe mitnichten technisch sind, lässt der Ursprung des Konflikts zwischen dem zuständigen Sozialwissenschaftlichen Institut der Heine-Uni und der Medienwissenschaftlerin vermuten. Stein des Anstoßes: Trotz Einrichtung eines zweiten Lehrstuhls und einer Junior-Professur hält Karin Böhme-Dürr die Medienwissenschaften in der Landeshauptstadt für personell unterbesetzt.

Das Sowi-Institut klagt zwar auch über Personalknappheit, sieht die Situation aber nicht so dramatisch. Rückendeckung bekamen die Sozialwissenschaftler im letzten Jahr vom Stifterverband der deutschen Wirtschaft und dem „Uni-Tüv“ AQAS. Der Stifterverband zeichnete den Bachelor-Studiengang Sozialwissenschaften – der beansprucht die meisten Personalkapazitäten am Lehrstuhl für Medienwissenschaften – als einen von deutschlandweit drei vorbildlich reformierten Studiengängen aus. Der AQAS verlieh dem gleichen Studiengang die erwünschte Zertifizierung. Von eklatanten Personalengpässen war da keine Rede.

Karin Böhme-Dürr sieht das anders und wütete öffentlich gegen Studiengang und Institut. In Briefen an Stifterverbands-Schirmherr Bundespräsident Johannes Rau, den AQAS-Rat und auf ihrer Website wirft die Professorin ihren Kollegen am Institut Irreführung der beiden Verbände vor. Sie fordert die Aberkennung von Preis und AQAS-Zertifikat. Vertreter der Heine-Uni stützen dagegen die Darstellung des Sozialwissenschaftlichen Instituts. Wie lange die Sperrung von Böhme-Dürrs Online-Aktivitäten andauert, konnte Uni-Sprecher Willhardt der taz nicht sagen. Er gehe aber davon aus, dass dies eine befristete Maßnahme sei.

Bei den Studenten stößt der Knatsch auf ein geteiltes Echo. Bereits im letzten Jahr hatte sich die Fachschaft auf die Seite des Instituts gestellt. „Ihr Verhalten ist untragbar. Sie haben das Vertrauen der Studierenden verspielt“, hieß es in einem offenen Brief an Karin Böhme-Dürr. Die jetzige Aktion des Rektors findet dagegen keine ungeteilte Zustimmung: „Die Sperrung der Website ist doch arg drastisch“, kritisiert ein Student. Karin Böhme-Dürr war für die taz nicht zu erreichen.