Biobauern fürchten Gentechnik

In Köln debattierten Gegner und Befürworter der Gentechnik in der Landwirtschaft mit Umweltministerin Höhn. Die Diskussion war hitzig – als die grüne Ministerin bereits weg war

Wenn alles kontaminiert ist, kann ökologische Landwirtschaft einpacken

AUS KÖLN JEANETTE SEIFFERT

Bio-Bauern ärgern sich über Gen-Technik – denn auch in Nordrhein-Westfalen, wo bisher gentechnisch veränderte Pflanzen nicht angebaut werden dürfen, wird „Grüne Gentechnik“ wegen neuer EU-Regelungen bald angewendet werden. Doch ein friedliches Nebeneinander von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen und Biogemüse wird in Zukunft in NRW schwer möglich sein. „Seit Jahren versuche ich, ohne Chemie anzubauen, und jetzt kommen die mit ihrer Gentechnik und machen mir alles kaputt,“ schimpfte Biolandwirt Lothar Gothe auf der Podiumsdiskussion „Gentechnik und Landwirtschaft – Ist Koexistenz möglich?“, die gestern in Köln stattfand.

Die Veranstaltung des Zentrums für ländliche Entwicklung (ZeLE) sollte Gefahren und Chancen aufzeigen, die Regelungen mit sich bringen, die auf europäischer Ebene mittlerweile verabschiedet worden sind. Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Grüne) als Gastrednerin sah sich mit einer Gruppe wütender Biobauern konfrontiert: Die treibt die Angst um, dass ihr Saatgut durch genveränderte Pollen von anderen Feldern verseucht werden könnte. „Es ist nur eine Frage der Zeit, bis alle Felder kontaminiert sind, und dann kann die ökologische Landwirtschaft einpacken“, meint auch Luisa Hüttemeier. Gothe und Hüttemeier kämpfen bei den Globalisierungskritikern von „attac“ gegen die Gentechnik.

Höhn hielt ihre Meinung zur Gentechnik in der Landwirtschaft nicht zurück: „Aber einfach nur „Nein“ sagen hilft uns nicht weiter – wir müssen gemeinsam etwas unternehmen!“ Von Landwirten und Funktionären erwartet Höhn die Schaffung einer möglichst großen gentechnikfreien Zone in Nordrhein-Westfalen auf der Grundlage einer freiwilligen Selbstverpflichtung. Solche Modell-Flächen gibt es bereits in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Ein Verbot von Gentechnik auf deutschen Feldern, das stellte Höhn unmissverständlich klar, sei mit EU-Recht nicht vereinbar. „Ich hoffe, dass es mit Hilfe dieser Veranstaltung heute gelingt, sich auf ein solches Modell zu verständigen.“

Sprach‘s und verschwand – der nächste Termin rief. Kaum hatte die Ministerin den Saal verlassen, packten die Funktionäre auf dem Podium ihre Sicht der Dinge aus. Der Präsident des Rheinischen Landwirtschaftverbandes Friedhelm Decker sagte, die Landwirte müssten sich die Chancen dieser Technologie offen halten. „Die Möglichkeiten sind faszinierend“, meinte Decker mit leuchtenden Augen. Dennoch rate er seinen Mitgliedern, die Finger von der Gentechnik zu lassen – noch. Denn bisher sei die rechtliche Lage ungeklärt, vor allem die Frage, wer für Schäden auf anderen Feldern haften müsse.

Da musste Heinz Josef Thuneke vom Bündnis für den Erhalt der gentechnikfreien Landwirtschaft erst einmal tief durchatmen. Er zeigte sich enttäuscht über die Haltung des Landwirtschaftsverbandes: „Ich hatte mir mehr Bereitschaft für ein Bündnis zwischen Biobauern und den konventionellen Landwirten erwartet.“