Sissi ist ihr größter Fan

Lila und Rosa: Im schwülen Ambiente einer 70er-Jahre-Lounge trifft die einzig wahre Romy auf Figuren ihres Lebens. Am Ende entpuppt sich dieses Spiegelkabinett als tragischer Irrgarten

Keine Zeit fürs Töchterlein: Mama Magda schwärmt vom Verehrer Adolf Hitler

Die Schauspielerin tobt. Sie will die Rolle nicht. „Romy“ soll sie sein, der Mythos. Sie echauffiert sich, spielt sich echauffieren. Die Autoren Ute Liepold und Bernd Liepold-Mosser haben „Romy“ als Collage konzipiert. In der kreuzen Figuren aus Romy Schneiders Leben als genretypische Prototypen auf – vom Produzenten bis zum Goldkettchen tragenden Liebhaber.

An ihnen entzünden sich die Auseinandersetzungen der Schauspielerin mit den Erwartungen, die das Film-Biz stellt. Denn das braucht Futter und findet es in dieser exaltierten Person, die in ihren tiefen Konflikten vor allem eines ist: ausbeutbar.

Daniel Ris hat die Uraufführung im schwülen Ambiente einer 70er-Jahre-Lounge als Revue montiert. Die Bühne von Beate Fassnacht changiert in Rot und sehr psychischem Lila. Ein schlaksiger Typ am Keyboard malt plaudrige Salontöne. Er tuscht, wenn Sissi abgeht.

Nicht die Schauspielerin, nein, auch nicht die Romy, die echte Sissi. Und die ist ganz schön in Nöten, als sie im Romy-Quiz wie aus der Pistole geschossen antworten soll. Tusch. Romy, ihr Idol, Sissi, der Lebenstraum dieser tuntig-trashigen Travestie eines Unschuldsengels im weißen Hochzeitskleid, köstlich naiv, ganz die verwundbare Künstlerseele und dargestellt von Stefan Kiefer.

Nicola Lembach als Romy hingegen läuft immer hart am Grat der Identifikation ihrer Figur mit sich selbst, der Schauspielerin, entlang. Das wirkt zunächst fahrig und ist oft zu burschikos. Auch ihr Exhibitionismus, mit dem sie die Schaulust des Fotografen provokativ füttert – hier hast Du‘s – um sich sodann hungrig an ihn zu schmeißen, ist weit weg von der Gebrochenheit der Romy, wie sie ganz zum Schluss aufscheint.

Diese Frau, deren Hunger das Futter für Selbstdarstellungen, Träume und Profite anderer ist, wird an anderer Stelle und viel indirekter sichtbar, als über diese konkrete schauspielerische Verkörperung. Andere Momente sind viel beklemmender: Da tanzt etwa eine eiserne Lady – eine gespenstische Elfi Hoppe – und trällert, penetrant, als wollte sie alles zukleistern, „wenn der weiße Flieder blüht…“. So schwärmt Magda Schneider von Adolf Hitler, der sie, die Schauspielerin, begehrte. Und bei so wichtigen Verehrern blieb für Töchterchen Romy nur Platz bei der Verwandtschaft, im Internat, an der Taille stets die eiserne Hand der Mutter – kein Gramm zu viel, programmiert auf Fehlerlosigkeit.

Es sind diese Querstreben in der Montage, die ein Bild zeichnen. Was leider auch bedeutet, dass bis ins zweite Drittel der Inszenierung nicht klar wird, wo der Abend hin will, zumal Daniel Ris sich einigen Slapstick nicht verkneifen kann. Das wirkt bis dahin schleppend und künstlich aufgepeppt. Was aber tatsächlich entsteht, das ist ein Spiegelkabinett der Bilder, Selbstbilder, Projektionen und Sehnsüchte, die das Business rund um Bühne und Film ernähren. Für Romy Schneider – das zeigt das Stück –ein tragischer Irrgarten.

Marijke Gerwin

Aufführungen: 29. Mai, 6., 14., 17., 18. und 20. Juni jeweils 20 Uhr