Exportverbot für Hanau wahrscheinlich

Die Brennelemente-Fabrik in Hanau soll wohl doch nicht nach China verkauft werden. Darauf sollen sich Schröder und Fischer geeinigt haben. Ist der langwierige Zwist um die Atomfabrik endlich vom Tisch? Noch fehlt eine offizielle Bestätigung

AUS BERLIN KATRIN EVERS

Der umstrittene Export der Hanauer Brennelementefabrik nach China steht offenbar vor dem Aus. Regierungsintern habe man sich auf einen Stopp des Ausfuhrverfahrens geeinigt, berichtet der Spiegel in seiner heutigen Ausgabe. Andernfalls drohe eine Koalitionskrise, soll Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) seinem Koalitionspartner, Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD), gewarnt haben.

Die Befürworter eines Exports waren ohnehin in die Defensive geraten: Der Chefingenieur des chinesischen Instituts für Atomenergie hatte vor gut einer Woche erklärt, China wolle die Fabrik nutzen, um Brennelemente für Schnelle-Brüter-Reaktoren herzustellen. Der umweltpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Winfried Hermann, sieht dies als ein Indiz für eine geplante militärische Nutzung des Hanauer Werks in China. Würde sich die chinesische Regierung nicht von der Aussage distanzieren, müsse die Regierung Siemens den Export versagen. Die Hanauer Anlage bereitet abgebrannte Brennstäbe aus Atomkraftwerken zu Plutonium-Uran-Mischoxiden (MOX) auf. In einem so genannten Schnellen Brüter lässt sich dann von diesen MOX-Stäben atomwaffenfähiges Plutonium abgespalten. Die Ausfuhr von waffenfähigem Material nach China wiederum wäre nicht mit dem deutschen Exportrecht vereinbar.

Ein Regierungssprecher dementierte die mutmaßliche Einigung zwischen Schröder und Fischer – so eine Einigung würde allerdings auch kaum bestätigt werden. Denn wie der Spiegel berichtet, sollen sich die beiden Spitzenpolitiker darauf geeinigt haben, zunächst noch eine ganze Weile zu prüfen, bevor das Projekt leise einschläft.

Auch aus Grünen-Kreisen war gestern keine Bestätigung zu erhalten. Allerdings stellte sich der grüne Fraktionsvize Reinhard Loske noch einmal klar gegen das Begehren der Firma Siemens: „Rechtliche und sachliche Argumente sprechen inzwischen sehr deutlich gegen einen Export.“ Mitte der Woche wollen die Fachpolitiker der Koalitionsfraktionen noch einmal mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) die rechtlichen Fragen klären – ein Treffen, dass schon vor drei Wochen hatte stattfinden sollen. „Wenn nichts passiert, ist es besser, als wenn etwas passiert“, sagte Michaele Hustedt, energiepolitische Sprecherin der Grünen.

Sollten Fischer und Schröder tatsächlich das Aus des Exports vereinbart haben, wird Siemens die erhofften 50 Millionen Euro Kaufpreis wohl abschreiben müssen. Laut Spiegel will Schröder zum Ausgleich künftige China-Geschäfte des Konzerns unterstützen. Was er ja schon einmal versucht hat: mit der Zusage des Hanau-Exports.