SPD zu allen Schandtaten bereit

Die Kölner SPD wählt heute ihre KandidatInnen für die Kommunalwahl im Herbst. Fraktionschef Börschel und Parteivorsitzender Ott setzen auf Geschlossenheit und sind für alle Koalitionen offen

Von FRANK ÜBERALL

Kölns SPD setzt auf Geschlossenheit. „Medien und Bürger haben es bisher gut gefunden, wenn wir uns mal nicht gestritten, sondern Einigkeit gezeigt haben“, sagte ein hochrangiges Mitglied. Deshalb soll beim heutigen Parteitag zur Aufstellung der SPD-Ratskandidaten ein einmütiges Bild präsentiert werden. Der Vorstand verabschiedete die Kandidatenliste einstimmig, nur in Weidenpesch gibt es Zoff.

Freilich geht es am Wochenende auch noch nicht um Inhalte. Der Fraktionsvorsitzende Martin Börschel (30) wird seinen Genossen Jochen Ott (29), der die Partei führt, ins Rathaus holen. Die beiden Jungstars sollen den Neuanfang nach dem Spendenskandal symbolisieren und führen deshalb auch die SPD-Wahlliste an.

Allein auf den ersten Rängen der Liste sind zwei Drittel Neulinge, darunter die Vorsitzende der Kölner Aidshilfe, Elfi Scho-Antwerpes, die auch als Bürgermeisterin im Gespräch ist. Die 35-jährige Unternehmensberaterin Eva Bruch soll in der südlichen Innenstadt gegen Grünen-Fraktionschefin Barbara Moritz antreten. Bruch sagte der taz, sie wolle verstärkt wirtschaftspolitischen Verstand in die Fraktion einbringen. Aussichtsreiche Plätze haben ebenfalls der ehemalige NRW-Regierungssprecher Norbert Walter-Borjans und Fraktionsgeschäftsführer Michael Zimmermann.

Auch erfahrene Mitstreiter wie der Vorsitzende des Rechnungsprüfungsausschusses Axel Kaske kandidieren wieder – auch wenn gegen ihn die Staatsanwaltschaft ermittelt, was in Köln freilich keine Seltenheit mehr ist. Von den „Spendenquittungs-Empfängern“ dagegen tritt niemand mehr an. Helga Schlapka (71) wird wohl als Alterspräsidentin den Stadtrat nach der Wahl eröffnen können, jüngster Kandidat ist David Krahnenfeld (22). Ob Sportfachmann Wolfgang Bosbach wieder in den Rat kommt, hängt davon ab, wie sich der zerstrittene Ortsverein Weidenpesch zu seiner Kandidatur dort stellt.

Für die SPD wird es eine schwierige Kommunalwahl. Die CDU hat gute Umfragewerte und die Bundespolitik überschattet den Neuanfang in Köln. Viele Genossen kehren ihrer Partei den Rücken, weil sie die Politik von Bundeskanzler Gerhard Schröder für unsozial halten. Ob sie im Herbst tatsächlich differenzieren zwischen Bund und Kommune, bleibt abzuwarten.

Zumal die Kölner SPD in der Wirtschaftspolitik einen neoliberalen Kurs eingeschlagen hat. Mit der FDP hatte sie außerdem ein härteres Vorgehen gegen minderjährige Straftäter gefordert. Die Wortwahl dabei gefiel manchen an der Basis nicht, für Ex-Ratsherr Karl-Heinz Pütz, Macher der Popkomm, war das Anlass zum Parteiaustritt.

Fraktionschef Martin Börschel sieht trotzdem alle Koalitions-Wege offen. Dass auch er nicht mit einer absoluten Mehrheit für die SPD in Köln rechnet, räumte er auf Anfrage ein: „Mit Bauchschmerzen können wir uns aber die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen vorstellen. Die FDP würde ihre spärlichen Inhalte sicher wie in der Vergangenheit schnell über Bord werfen. Die Grünen machen doch längst keine grüne Politik mehr und zeigen bei ihren Entscheidungen stets ein Höchstmaß an Flexibilität, bei der sie oft Positionen aufgeben.“ Selbst eine Zusammenarbeit mit der anderen großen Volkspartei im Stadtrat will Börschel nicht ausschließen: „Die CDU hat doch eine hohe Sehnsucht nach mehr Professionalität und Verlässlichkeit.“