Es liegt am Wetter

Von den Amis lernen, heißt siegen lernen – oder? Physik-Nobelpreisträger Horst Störmer sieht das differenzierter

taz ■ Deutsche Trübsal, german angst – am Wochenende war jemand zu Besuch in Bremen, der das hiesige Krisengerede nicht verstehen kann: „In Deutschland ist immer alles furchtbar. Meine Frau behauptet, das liegt am Wetter“, sagt Horst Störmer. Der Physiker von der Universität Columbia, der 1998 für seine Arbeiten mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, war vor 26 Jahren von Deutschland in die Staaten ausgewandert, spricht schon mit leichtem Akzent und weilte am Wochenende auf Einladung des Bremer Technologiebeauftragten Jürgen Timm an der Weser, um sich über hiesige wissenschaftliche Aktivitäten in puncto Internet und Telekomunikation auszutauschen.

„Well, mit Erstaunen“ habe er registriert, dass er in Bremen gleich zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Was können wir von Amerika lernen?“ in der Stadtwaage eingeladen wurde. Störmer: „In den USA habe ich noch nie an einer Diskussion mit dem Titel: ‚Was können wir von Deutschland lernen?‘ teilgenommen.“

Natürlich war der Gast sehr höflich: Der Wissenschaftsstandort Bremen brauche sich nicht zu verstecken. Nach einem Rundgang auf dem Campus sei er „außerordentlich beeindruckt“ gewesen: An der Uni sei alles sehr interdisziplinär, Störmer lobte, wie eng mit der Industrie zusammengearbeitet werde. Und: Er sei sehr wohl darüber unterrichtet, was deutsche Unis auf seinem Forschungsgebiet, der „Nano-Science“, so trieben. Andererseits liege die USA bei „wissenschaftlichen Ereignissen vorn“. Ein Grund dafür sei, dass in den Forschungsabteilungen von US-Firmen sehr nah an den Unis orientierte Wissenschaftler arbeiteten. Der ehemalige Uni-Rektor Timm beschrieb den technology gap so: „Eigentlich sind wir ganz gut. Aber es gibt in den USA halt Unis, die besser sind.“

Ob konkret etwas bei Störmers Besuch herausspringt, ist unklar. „Vielleicht entwickelt sich ja was“, meinte Joachim Grollmann, Geschäftsführer der Bremer Innovationsagentur (BIA). Der Kontakt zu Störmer war durch BIA-Gespräche mit der Forschungsfirma Lucent Technologies entstanden. Vielleicht könne sich die Firma ja im Rahmen des Bremer Mobile Solution Center engagieren. ksc