Über Geld spricht man nicht

Commerzbank stellt Studie zur „Psychologie des Geldes“ vor. Ergebnis: Das Anhäufen von Reichtum ist ein Tabuthema, und um die eigene Vorsorge kümmert man sich kaum

Hamburg taz ■ So etwas muss auf Bänker ja beunruhigend wirken. Wenn „Geld nach wie vor ein Tabuthema ist“, wenn „Geld in unserer Gesellschaft einen schlechten Ruf hat“, wenn „es als Übervorteilung anderer gewertet wird, finanziell clever und erfolgreich zu sein“. Kein Wunder, dass die Commerzbank gestern in Hamburg ein „Umdenken in der Gesellschaft“ forderte. Zuvor hatte die Commerzbank eine Studie zur „Psychologie des Geldes“ vorgestellt, bei der genau das oben Zitierte herauskam. Immer noch sei es hierzulande „unangenehm, offen über Geld zu reden“. Sich um die Mehrung des eigenen Geldes zu kümmern, habe ein negatives Image.

Die Studie, die das Ideenlabor der Commerzbank – ja, auch so etwas gibt es – in Auftrag gegeben hat, hat ergeben, dass die Deutschen sich weitgehend scheuen, sich aktiv um ihre Finanzen und ihre Altersvorsorge zu kümmern. Zu komplex, zu abstrakt, zu privat, zu riskant – da lässt man lieber die Finger davon und hofft, dass „es schon irgendwie geregelt wird“.

Über Gelddinge rede man höchstens mit engsten Bekannten, das Finanzielle gehöre nach wie vor zum Intimbereich. Ein aktives Kümmern um die eigenen Budgets, um Aktienfonds und private Rente falle vor allem den Jüngeren unter 30 und vielen Frauen, die nur kurz oder gar nicht berufstätig waren, schwer. Und die Unternehmerin Dominique Döttling, die ebenfalls dem Ideenlabor angehört, stellt in ihrem Statement fest, es müsse aufhören, „dass wir uns für unser Einkommen schämen“, stattdessen gebe es einen „verkrampften Umgang“ mit Geld.

Eine Haltung, die, so der Mainzer Soziologe Stefan Hradil, „heutzutage in die mittlere Katastrophe führt“. Für Hradil, der die Studie im Dienst der Commerzbank erstellte, gehört „die Beschäftigung mit dem Thema Geld mittlerweile zu den wichtigsten Überlebenstechniken“. Dies scheint jedoch bei den meisten Lohn- und BrotempfängerInnen noch nicht angekommen zu sein: „Die machen einen weiten Bogen um das Thema.“ Seine Forderung: „Es muss künftig zur normalen Lebenskultur gehören, auch über das eigene Geld zu reden, ob in Talkshows oder anderswo in der Öffentlichkeit.“ Wieviel Geld Hradil selbst für das Erstellen der Studie von der Bank erhalten hat, legte er vor der Presse denn aber auch nicht offen. Peter Ahrens