Schily will härteres Ausländerrecht

Nach dem Terror in Madrid kommt der Bundesinnenminister der Union bei Forderung nach schnellerer Ausweisung entgegen. Auch der Austausch von Daten zwischen den EU-Staaten soll erleichtert werden

BERLIN taz ■ Als Reaktion auf den Terror von Madrid sollen die Sicherheitsbestimmungen in Deutschland verschärft werden. So sollen Ausländer, die im Verdacht stehen, einen terroristischen Hintergrund zu haben, künftig schneller ausgewiesen werden. Innenminister Otto Schily (SPD) halte es für notwendig, die Tatbestände im Ausländerrecht zu verschärfen, teilte ein Sprecher des Innenministeriums am Montag mit.

Ausländer mit einem extremistischen Hintergrund sollen demnach ausgewiesen oder bereits an der Einreise gehindert werden. Nach Paragraph 45 des Ausländergesetzes ist eine Ausweisung zwar schon jetzt möglich, wenn ihr Aufenthalt die öffentliche Sicherheit und Ordnung beeinträchtigt. Doch künftig soll die Ausweisung von extremistischen Ausländern noch einmal erleichtert werden – so fordert es vor allem die Union. Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) sprach von über 20 Personen, die als gefährlich eingestuft werden, jedoch nicht abgeschoben werden könnten. Schily will zwar die Regelung nicht in das Zuwanderungsgesetz aufnehmen, über das derzeit im Vermittlungsausschuss verhandelt wird. Er will sich aber in Gesprächen mit der Union einigen und die Umsetzung dann in einem getrennten Gesetzgebungsverfahren regeln.

Auch der Datenaustausch zwischen den europäischen Sicherheitsbehörden soll besser werden. Auf Vorschlag Schilys treffen sich die EU-Innenminister nächsten Montag, um einen schnelleren Datenaustausch innerhalb der EU zu ermöglichen. Für den „europäischen Informationsverbund“ (Schily) müssen in einigen Ländern die Gesetze oder gar die Verfassung geändert werden. Erlauben will Schily auch die Weitergabe von sensiblen Flugpassagierdaten an die USA, obwohl das Justizministerium dies für problematisch hält. Außerdem unterstützt Deutschland eine spanische Initiative, wonach die Daten von Personen aus Nicht-EU-Staaten bei der Einreise in die EU an die Sicherheitsbehörden weitergegeben werden sollen.

Einer Grundgesetzänderung für einen Einsatz der Bundeswehr im Inland, wie sie die Union verlangt, erteilte Schily dagegen erneut eine Absage. Der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler wies im Deutschlandfunk darauf hin, dass die Bundeswehr in einem „extremen Fall von Bedrohung“ schon jetzt im Inland aktiv werden könnte. „Damit ist durchaus auch ein Katastrophenfall oder ein Fall des Terrorismus gemeint.“ Das Innenministerium will allerdings künftig die Marine einsetzen, um terroristische Bedrohungen auf dem Seeweg abzuwehren. Eine ähnliche Regelung für die Luftwaffe ist mit dem Luftsicherheitsgesetz, das derzeit beraten wird, bereits auf den Weg gebracht worden. Sollte sich dabei ergeben, dass eine „Klarstellung“ der Verfassung erforderlich sei, „dann kann da was gemacht werden“, sagte Schilys Sprecher. Bundeskanzler Gerhard Schröder nannte die Forderungen der Union „rein taktischer Natur“.

Zudem verhandelt Schily seit gestern mit vier Innenministern der Länder über eine neue Sicherheitsstruktur in Deutschland. So will Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) künftig Ermittlungen auch ohne konkreten Tatverdacht erlauben, wenn der Bund für die Strafverfolgung zuständig ist. Bundeskriminalamt, Bundesgrenzschutz und Zoll sollen unter Beibehaltung ihrer Aufgaben zusammengefasst werden. Beckstein will zudem Telefonate und Briefe stärker überwachen.

Die Grünen erklärten sich bereit, Lücken in der bestehenden Gesetzgebung zu schließen. Dies müsse aber „sachlich und besonnen“ geschehen, sagte der parlamentarische Geschäftsführer Volker Beck. ANDREAS SPANNBAUER