Absage an schnelle Konzepte gegen Terror

Auf dem Streckennetz der Bahn verkehren täglich rund 36.000 Züge – die überwachen zu wollen, ist illusorisch

BERLIN taz ■ Die Anschlagserie von Madrid hat in Deutschland eine Diskussion darüber entfacht, wie ein ähnliches Attentat in Deutschland verhindert werden könnte. Mehrere Unions-Politiker haben schärfere Kontrollen gefordert. „Wir müssen auf Bahnhöfen ähnliche Sicherheitskontrollen wie auf Flughäfen einführen“, forderte der CSU-Innenexperte Nordert Geis.

Tatsächlich ließen sich so maximal die Fernzüge der Bahn AG sichern, und auch das nur mit einem gewaltigen Aufwand. Die Attentate in Spanien wurden aber auf Pendlerzüge verübt. Eine flächendeckende Überwachung von Strecken und Stationen scheint als eine Illusion.

Es genügt nicht, die wichtigsten Hauptbahnhöfe zu kontrollieren. Attentäter könnten schließlich auf jedem Provinzbahnhof einsteigen – wie in Madrid geschehen. Auf dem Streckennetz der Bahn verkehren täglich rund 36.000 Züge. Die allermeisten davon fahren im Nahverkehr. Zu überwachen wären 5.600 Bahnhöfe und zehntausende Kilometer weitgehend ungeschützter Gleisanlagen – ein unmögliches Unterfangen. Man stelle sich Sicherheitsschleusen vom Bahnhof in Pösing/Oberpfalz bis Bergen auf Rügen vor – lange Schlangen wütender Fahrgäste, verspätete Züge, zehntausende eingesetze Polizisten, die anderswo fehlten: Dieses Szenario ist illusorisch.

Die Bahn verfügt schon jetzt über ein detailliertes Sicherheitskonzept, dass „den aktuellen Erfordernissen angepasst wird“, so Claudia Triebs von der Bahn AG zur taz. Eine enge Kooperation mit dem für die Bahn zuständigen Bundesgrenzschutz und der Polizei sei selbstverständlich. Nähere Auskünfte will Triebs aus verständlichen Gründen nicht erteilen.

Deutlicher wird da schon die Bahn-Gewerkschaft Transnet: Deren Chef Norbert Hansen bezeichnet die Vorschläge von Norbert Geis als „Katastrophen-Populismus“. Und auch die Gewerkschaft der Polizei erteilte schnellen Antiterrorthesen eine Absage. Einen Schutz alle Bahnanlagen nannte deren Chef Konrad Freiberg „eine illusorische Vorstellung. Das gibt es auf der ganzen Welt nicht.“ Und selbst Geis’ Kollege Wolfgang Bosbach (CDU) gibt zu bedenken, dass die Bahn täglich so viele Menschen befördert wie die Lufthansa in einem Jahr. KLAUS HILLENBRAND