SPD-Abgeordnete wollen mehr Rente

Sozialpolitiker drängen darauf, bei der Rentenreform ein Mindestniveau von 46 Prozent festzulegen. Die Fraktionsspitze der SPD hält das für nicht bezahlbar. Aber die Untergrenze müsse ja nicht auf 43 Prozent fallen – man könne ja länger arbeiten

AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER

Die Höhe des Mindestniveaus bei der Rente sorgt für heftigen Streit in der SPD. Eine Gruppe von SPD-Abgeordneten will die geplante Festschreibung der Rentenuntergrenze bei 43 Prozent verhindern. Mindestens sieben sozialdemokratische Abgeordnete könnten gegen das Gesetz stimmen, falls der Entwurf von Sozialministerin Ulla Schmidt nicht noch einmal korrigiert wird. Damit ist bisher nicht absehbar, ob es für das Rentengesetz, über das der Bundestag Ende dieser Woche abstimmt, eine eigene Mehrheit in der rot-grünen Fraktion geben wird.

Die SPD-Abgeordneten Horst Schmidbauer und Klaus Kirschner wollen bei der morgigen Sitzung der SPD-Fraktion einen Änderungsantrag einbringen, falls ihre Vorschläge bis dahin nicht berücksichtigt werden. Der Antrag sieht ein Nettorenteneinkommen – also Rente minus Sozialversicherungsbeiträge vor Steuern – im Jahr 2030 bei mindestens 46 Prozent des betreffenden Durchschnittsgehalts vor. „Kein Mensch würde eine private Lebensversicherung abschließen, wenn er nicht weiß, dass er eine entsprechende Prämie herausbekommt“, sagte der SPD-Abgeordnete Kirschner im Gespräch mit der taz. Ein Sozialstaat habe nur dann Qualität, wenn er ein bestimmtes Rentenniveau garantiere, so Kirschner, der eine Untergrenze von 46 Prozent gesetzlich festlegen will.

Nach Angaben von Schmidbauer droht den Rentenbeziehern von morgen bei einer Sicherungsklausel von 43 Prozent rund ein Fünftel weniger Einkommen. Eine solche Lücke könne von den meisten Menschen nicht durch private Zusatzversicherungen ausgeglichen werden, „da sie dafür nicht die Kraft haben“, bemängelte der SPD-Abgeordnete. Daher müssten bei einem Rentenniveau von 46 Prozent die „Warnsignale“ für eine Handlungspflicht des Staates angehen.

Das Mindestniveau war erst auf Druck der SPD-Fraktion in das Gesetz aufgenommen worden. Ursprünglich hatte die Regierung keine Aussage zum Mindestniveau vorgesehen. Heute beträgt die Untergrenze der Renten 51,6 Prozent.

Die SPD-Vizefraktionschefin Gudrun Schaich-Walch warnte davor, das Mindestniveau zu hoch anzusetzen. Wenn die Untergrenze der Rente zu hoch liege, dann werde dies zu zusätzlichen Kosten von 16 Milliarden Euro führen. In diesem Fall könnten die Beiträge der Arbeitnehmer zur Rentenversicherung weiter steigen. Schaich-Walch wollte in der Fraktion für das geplante Mindestniveau werben. „Wir versuchen, eine Mehrheit zu finden“, sagte sie. Zudem müsse das Mindestniveau der Rente keinesfalls zwangsläufig auf 43 Prozent sinken. „Wir werden alles tun, damit es nicht zu den 43 Prozent kommt“, sagte sie – und verwies dabei ausgerechnet auf eine mögliche Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre.

Der CDU-Sozialexperte Andreas Storm nannte die geplante Mindestgrenze eine schon jetzt „wertlose Zusage“, obwohl er ein Mindestniveau grundsätzlich für sinnvoll hält. Es sei jedoch nicht geklärt, was bei einer Unterschreitung des Niveaus passieren solle. Das Mindestniveau werde daher „nicht mehr als einen Placebo-Effekt“ haben.

Die Arbeitgeber lehnen die Mindestniveaupläne grundsätzlich ab. Arbeitgeberpäsident Dieter Hundt warnte davor, „ein Rentenniveau gesetzlich festzuschreiben, das später nicht mehr zu finanzieren ist“. Hundt verlangte eine „schrittweise Anhebung der Regelaltersgrenze auf 67 Jahre“ sowie eine „Reform der Hinterbliebenenversorgung“, die er in der jetzigen Form auf Dauer zu kostspielig nannte.