Aus der Versenkung

Bei „Comeback – Die große Chance“ (20.15 Uhr) führt Pro7 abgehalfterte Sternchen vor. Die Show könnte auch „Comeback statt McKinsey“ heißen

VON REINHARD KRAUSE

Das Konzept der Pro7-Show „Comeback – die große Chance“ ist denkbar simpel: Lauter abgehalfterte Sternchen von einst kämpfen um einen neuen Plattenvertrag. Es ist nicht einmal eine Schande, wenn man nicht alle der ursprünglich zehn TeilnehmerInnen kennt (Wer, zum Beispiel, ist „Emilia“?).

Während Castingshows wie „DSDS“ (RTL) oder sein öffentlich-rechtlicher Counterpart „Stage fever – Bühne fürs Leben“ (ZDF) den hoffnungsfrohen Nachwuchs durch ein öffentliches Assessment Center jagen und nebenbei dem popbegeisterten jugendlichen Publikum ganz unpoppige Werte wie Blut, Schweiß und Tränen unterjubeln, widmet sich „Comeback“ dem Niedergang, dem Absinken in die Bedeutungslosigkeit beziehungsweise dem Abwehrkampf dagegen.

Kein schönes Thema also. Warum tun sich Menschen an, bei so einem Idiotentest für verglühte Sternchen mitzumachen? Geldnot, Torschlusspanik, Selbstüberschätzung? NDW-Sänger Markus („Ich will Spaß“) brachte es schaudernd auf den Punkt: „Ich fühle mich hier wie früher in der Schule.“ Wohl wahr, aber genau das macht auch den gepflegten Grusel der Sendung aus.

Ausgerechnet die fantastisch talentlose C. C. Catch ist der heimliche Star der Show. Ein ums andere Mal versucht die aus drei „Fachleuten“ bestehende Jury, sie mit der niedrigstmöglichen Punktzahl aus der Show zu kegeln – und jedes Mal holt sie das törichte, aber empathiebegabte Fernsehvolk in der Stichwahl zwischen den beiden Letztplatzierten wieder in die Sendung zurück. Deutschland kämpft gegen McKinsey.

War die erste Runde vielleicht noch etwas zu brav ausgefallen, lief die Jury in der zweiten Sendung zu großinquisitorischer Form auf. Jurorin und MTV-Moderatorin Anastasia nach einer bestürzenden C.-C.-Catch-Variante von „Papa Don’t Preach“: Madonna habe ja viel Gesangsunterricht genommen, bei C. C. Catch sei das vergebliche Müh. Hasserfüllte Blicke der Gescholtenen. Anastasia ungerührt: „Wir suchen hier immerhin einen echten Star, und der soll dann, verdammt nochmal, auch Platten verkaufen. Sorry!“ Darauf C. C. Catch: „Ich habe schon viele Platten verkauft, und das werde ich auch weiter tun – auch ohne deine Meinung.“ Herrlich!

Spaß macht es auch zu beobachten, wie Limahl, quasi das Gegenmodell zu C. C. Catch, von Sendung zu Sendung an Selbstbewusstsein gewinnt. Vor dem Voting von Anastasia versteckt sich der zierliche Ex-Kajagoogoo-Sänger („Too shy“) zwar schon mal hinter dem Rücken der „Comeback“-Moderatorin Arabella Kiesbauer, aber mittlerweile scheint er sich nicht mehr zu sagen: Zum Glück sieht das hier zu Hause in England kein Schwein.

In der letzten Sendung übrigens, dem dritten von insgesamt sieben Durchgängen, war sich C. C. Catch nicht zu schade, scheinmild nachzusetzen, Anastasia sei „schließlich keine Künstlerin“ und deshalb zu einem fundierten Urteil unfähig. Das war fast so schön wie früher im „Denver Clan“, wenn sich Chrystle Carrington und Alexis Colby im Staub von Colorado prügelten.

Spätestens da haben wir uns geschworen, bis zu C. C. Catchs endgültigem K.o. keine „Comeback“-Folge zu verpassen. Das wäre doch unfassbar: C. C. Catch siegt, und eine Plattenfirma muss ein ganzes Album mit ihren gesammelten Karaokefassungen auf den Markt bringen! Vermutlich aber wird der langweilige Chris Norman am Ende siegen. Aber das interessiert uns dann nicht mehr.