BA-Chef Weise rettet einen Arbeitsplatz

Clement stärkt dem Chef der Bundesagentur den Rücken – obwohl Weise über die steigenden Kosten beim virtuellen Arbeitsmarkt früher informiert war, als er zuerst zugab. Der mögliche Hintergrund der Affäre: Rivalitäten an der BA-Spitze

AUS BERLIN ANDREAS SPANNBAUER

Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, wird wohl nicht so schnell arbeitslos. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) stellte sich gestern hinter den bedrängten BA-Chef. Weise habe vor dem Bundestagsausschuss für Wirtschaft „alle Unklarheiten beseitigt“, sagte der Minister über die gestiegenen Kosten beim Ausbau des virtuellen Arbeitsmarkts der BA. Auch der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner betonte, er sehe „im Moment keinen Grund, dem Vorstand der BA das Misstrauen auszusprechen“.

Weise und sein Vorstandskollege Heinrich Alt legten vor dem Wirtschaftsausschuss Rechenschaft über die umstrittene Kostensteigerung ab. Der BA-Chef begründete die gestiegenen Ausgaben mit einer notwendigen „Erweiterung des Projekts“. Diese sei in der ursprünglichen Summe von 65 Millionen Euro nicht berücksichtigt gewesen. Er selbst sei im September von der Projektleitung darüber informiert worden, dass sich die Kosten bis 2008 auf bis zu 98 Millionen Euro belaufen könnten. Erst später sei ihm klar geworden: „Es wird nicht bei den 100 Millionen bleiben.“

Weise hatte den Ausbau des virtuellen Arbeitsmarkts vergangene Woche gestoppt, weil die Ausgaben dafür bis 2008 inzwischen auf 165 Millionen Euro beziffert werden. In dem Betrag sind allerdings auch rund 40 Millionen Euro enthalten, die für den Ausbau des internen Datennetzes der BA benötigt werden.

Der SPD-Abgeordnete Brandner sagte, der Vorwurf der „Verschwendung“ bei der Erweiterung der Online-Jobbörse sei nicht aufrechtzuerhalten. Der Ausschuss werde aber noch die Verträge für das Projekt einsehen. Die grüne Abgeordnete Thea Dückert sagte, es sei „richtig, dass man alles auf den Tisch legt“. Dückert schloss nicht aus, dass dabei weitere Pannen bekannt werden.

Nach Brandners Angaben waren BA-Chef Weise und sein Vorstandskollege Alt beide „zeitnah“ über die gestiegenen Kosten informiert. Noch am Vortag hatte Weise bestritten, schon im August 2003 von der Kostenentwicklung gewusst zu haben. Aus Kreisen des BA-Verwaltungsrats waren nach Bekanntwerden der Kostenexplosion vor allem gegen Alt schwere Vorwürfe laut geworden. Der Vertreter der Arbeitgeber im Verwaltungsrat, Stephan Götzl, warf Alt vor, den Verwaltungsrat trotz mehrfacher Anfragen nicht über die gestiegenen Kosten aufgeklärt zu haben.

Hintergrund der Affäre könnte möglicherweise ein Streit um die Verteilung der Kompetenzen zwischen Weise und Alt sein. Weise wolle künftig den Zentralbereich „Operative Steuerung“ übernehmen, der bisher von Alt geleitet wird, berichtete dpa unter Berufung auf führende BA-Kreise. Alt solle gegen seinen Willen den IT-Bereich übernehmen. Die Berliner Zeitung zitierte Regierungskreise mit den Worten: „Herr Weise versucht, diese Sache sehr einseitig seinem Vorstandskollegen Alt anzuhängen.“ Es sei gut möglich, dass mittels einer Intrige versucht werde, „den Alt loszuwerden“. Ein Sprecher der BA bestätigte, dass die Kompetenzverteilung im neuen Vorstand noch nicht abgeschlossen ist.

Die CDU drängt nun den Bundesrechnungshof zu einer schnellen Aufklärung. Der Rechnungshof hatte im Herbst 2003 damit begonnen, die Ausgaben der BA zu überprüfen; tiefer gehende Untersuchungen sind jedoch bisher ausgeblieben. Auf Druck von SPD und Grünen kündigte die BA gestern auch eine Änderung ihrer Vergaberichtlinien an. Künftig sollen Arbeitsförderungsmaßnahmen verstärkt an kleinere, regional verankerte Träger vergeben werden.