Berlin will Auslieferung von Videla

Bundesregierung will Argentiniens Exdiktator wegen Ermordung zweier Deutscher in Nürnberg vor Gericht bringen

BUENOS AIRES taz ■ Die Bundesregierung will die Auslieferung des argentinischen Exdiktators Jorge Videla sowie von zwei Offizieren nach Deutschland erwirken. Die Unterlagen für ein Auslieferungsverfahren lägen bereits bei der deutschen Botschaft in Buenos Aires, meldete die Deutsche Welle unter Berufung auf eine Sprecherin des Auswärtigen Amts. Die Dokumente sollen in den nächsten Tagen Argentiniens Außenministerium übergeben werden.

Bereits Ende Januar erließ ein argentinischer Richter wegen des deutschen Auslieferungsantrags gegen Videla, der schon wegen anderer Verfahren unter Hausarrest steht, einen weiteren Haftbefehl. Wegen Videlas hohem Alter wurden die Haftbefehle in Hausarrest umgewandelt. Die Staatsanwaltschaft Nürnberg wirft Videla vor, die Verschleppung und Ermordung der deutschen Theologiestudentin Elisabeth Käsemann und die Ermordung des deutschen Studenten Klaus Zieschank zu verantworten.

Während der argentinischen Militärdiktatur (1976–1983) wurden laut einer offiziellen Untersuchung über 10.000 Menschen ermordet, darunter auch etwa 100 Deutsche und Deutschstämmige. Die meisten von ihnen wurden in geheime Lager der Militärs verschleppt, viele wurden gefoltert. Die Leichen vieler Opfer wurden bis heute nicht gefunden. In den vergangenen Jahren haben neben Deutschland auch Frankreich und Schweden Haftbefehle gegen argentinische Exmilitärs erlassen.

Ende 2003 hoben Argentiniens Senat und Parlament die Amnestiegesetze für Verbrechen der Militärdiktatur auf. Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs darüber steht noch aus. Folgt es dem Senat und Parlament, könnte Junta-Generälen wie Videla auch in Argentinien der Prozess gemacht werden.

INGO MALCHER

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