Mirow macht Schluss

SPD-Verlierer zieht sich aus der Politik zurück, Schill will sogar bis nach Südamerika

BERLIN taz ■ Ein sichtlich enttäuschter Thomas Mirow kündigte noch am Wahlabend seinen Rückzug aus der Politik an. Mit verschränkten Armen am Rand stehend, gab sich der SPD-Spitzenkandidat zwar gefasst. „Man ist nicht dazu da, sein eigenes Schicksal zu bejammern“, formulierte er höchst hanseatisch. Dennoch habe er sein Ziel nicht erreicht – „und damit ist für mich Schluss in der Hamburger Politik“. Der Unternehmensberater gab der Politik der Bundesregierung eine klare Mitschuld an dem schlechtesten Ergebnis, das die Sozialdemokraten je bei einer Landtagswahl in der Hansestadt eingefahren haben: „Es gab keinen Rückenwind aus Berlin.“

Der einzige Sieger des Abends, Ole von Beust, zeigte sich dagegen selbstzufrieden. „Ich will nicht verhehlen, ich habe auch eine große Sympathie mir gegenüber gespürt“, sagte der alte und neue Erste Bürgermeister. Mit dem größten Zuwachs, den je eine Partei bei einer Landtagswahl erzielt hat, kann von Beust künftig auf eine absolute Mehrheit in der Hamburger Bürgerschaft zurückgreifen.

Von seinem Bündnis mit dem Rechtspopulisten Ronald Schill wollte von Beust in der Stunde seines Triumphs allerdings nichts mehr wissen. „Da habe ich mich getäuscht.“ Ein verärgerter Schill, dessen „Pro DM-Partei“ genauso wenig in der Bürgerschaft vertreten sein wird wie die „Partei Rechtsstaatlicher Offensive“, führte seinen Absturz auf eine „beispiellose Diffamierungskampagne“ zurück. Er warf von Beust „Aufruf zu Straftaten“ vor: Der habe gesagt, er freue sich über jedes Plakat von Schill, das er nicht sehen müsse. Nun will der Populist auswandern – „vermutlich nach Südamerika“.

Auch in der CDU fürchtete man eine Abwanderung ihres Frontmannes, der bereits Ambitionen auf einen Wechsel in die Hauptstadt signalisiert hat. „So ein Juwel geben wir natürlich ungern weg“, sagte der CDU-Fraktionschef, Michael Freitag.

Enttäuschung bei der FDP – sie ist mit nur 3 Prozent künftig nicht mehr in der Bürgerschaft vertreten. Das war auch schon fast der größte Grund zur Freude bei den Grünen, die trotz deutlicher Zugewinne auf 12 Prozent in der Opposition bleiben müssen. „Die FDP ist für ihre katastrophale Bildungspolitik abgestraft worden“, sagte die grüne Spitzenkandidatin Christa Goetsch.

Im Gegensatz zur letzten Bürgerschaftswahl war die Innenpolitik nicht mehr das wichtigste Thema. An erster Stelle stand die Senkung der Arbeitslosigkeit, die in der Hansestadt über dem westdeutschen Durchschnitt liegt; 34 Prozent der Wähler hielten dieses Thema für ausschlaggebend. Der SPD nützte dies wenig – in den Augen der meisten Wähler besitzt die CDU in der Arbeitsmarkt- und Wirtschaftspolitik eindeutig die größere Kompetenz. COSIMA SCHMITT,
ANDREAS SPANNBAUER