Zypern-Verhandler einig nur in Uneinigkeit

UN-Gespräche in Nikosia stocken. Sondergesandter ruft zu Kompromiss auf. Sorge um Zustimmung bei Referendum

BERLIN taz ■ Die Zypern-Gespräche kommen nicht voran. Eine Woche nach Beginn der Verhandlungen über die Gründung eines gemeinsamen Bundesstaats werfen sich griechische und türkische Zyprioten gegenseitig vor, Fortschritte zu blockieren.

Alvaro de Soto, der Sondergesandte des UN-Generalsekretärs für Zypern, appellierte am Samstag in Nikosia an beide Seiten, die Verhandlungen zu beschleunigen. Sowohl der zyperngriechische Präsident Tassos Papadopoulos als auch der Führer der Zyperntürken, Rauf Denktasch, müssten ihren Landsleuten klar machen, dass die Lösung des Problems „ein Kompromiss sein wird“ und „dass sie eine Lösung sehnlichst wünschen.“

Während Denktasch den Zyperngriechen eine Verzögerung der Gespräche vorwirft, beklagen diese, dass seine Vorschläge sich außerhalb des UN-Plans zur Gründung des Bundesstaats bewegten. Denktasch hatte angeregt, die zum 1. Mai in Kraft tretende EU-Mitgliedschaft um zwei Jahre zu verschieben. Ein EU-Sprecher lehnte diese Vorstellung ab. Tatsächlich ist die EU-Mitgliedschaft, die ohne Lösung des Konflikts nur dem griechischen Teil zugute käme, integraler Bestandteil des UN-Plans.

Die griechische Seite möchte die Verfassungsvorschriften zur Rotation des Präsidentenamts und der Zusammensetzung des Präsidialrats zwischen den ethnischen Gruppen revidieren. Dabei gehe es ausschließlich um die „Funktionsfähigkeit des Staates“, heißt es. Die türkische Seite befürchtet in diesem Fall eine Einschränkung ihrer Rechte.

Sollten beide Seiten bis zum 22. März keine Einigung erreichen, werden die „Mutterländer“ Türkei und Griechenland zu den Verhandlungen hinzugezogen. Wenn auch das erfolglos bleibt, will UN-Generalsekretär Kofi Annan die Verfassung des neuen Staats selbst vervollständigen. Bei getrennten Referenden am 21. April wird die Bevölkerung ihr Votum abgeben. Stimmen beide Seiten dem Plan zu, wird ganz Zypern am 1. Mai EU-Mitglied.

In der UNO wächst die Sorge, dass die Volksabstimmung unter den Zyperngriechen schief gehen könnte. Bei Meinungsumfragen hatte sich in den letzten Wochen eine deutliche Mehrheit gegen die UN-Vorschläge ausgesprochen. Ein Meinungsumschwung dürfte nur dann eintreten, wenn Parteien und Präsident zu einem „Ja“ aufrufen. Ob dies jedoch der Fall sein wird, ist derzeit noch nicht absehbar. Unter den griechischen Einwohnern ist vor allem das eingeschränkte Rückkehrrecht der Flüchtlinge von 1974 umstritten.

Ferner fürchtet die griechische Seite die angeblich horrenden Kosten einer Wiedervereinigung. Nach Berechnungen der Zentralbank lägen die Kosten bei rund 20 Milliarden Euro. Um den Sorgen vor dem hohen Preis einer Einigung entgegenzutreten, ist wenige Tage vor dem Referendum von der EU eine Geberkonferenz unter Beteiligung von Weltbank, OECD und EU-Stellen geplant. KLAUS HILLENBRAND