Deutschland verurteilt

Menschenrechtsgerichtshof: Verstoß gegen Grundrecht, weil lediger türkischer Vater kein Sorgerecht erhielt

STRASSBURG afp ■ Deutschland ist vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte verurteilt worden, weil ein lediger türkischer Vater kein Sorgerecht für sein Kind erhielt. Dies sei ein Verstoß gegen das Grundrecht auf Schutz der Familie, so das Gericht gestern in Straßburg. Die Bundesregierung wurde angewiesen, dem 45-Jährigen 15.000 Euro Schmerzensgeld zu zahlen.

Der in Krostitz bei Bitterfeld lebende Türke hatte im Januar 2000 das Sorgerecht für seinen damals sechs Monate alten Sohn beantragt, den die Mutter zur Adoption freigegeben hatte. Der Antrag wurde eineinhalb Jahre später mit der Begründung zurückgewiesen, das Kind habe sich nun an die Pflegefamilie gewöhnt. Eine Trennung würde „irreparable psychische Schäden“ hervorrufen, beschied ein Gericht in Naumburg. Zugleich annullierte es das Besuchsrecht des Vaters und untersagte ihm jeden Kontakt zu seinem Sohn.

Damit sei Vater und Kind jede Möglichkeit genommen worden, eine Beziehung aufzubauen, rügten die Straßburger Richter. Ein Kind so von seinen „Wurzeln zu trennen“, sei nur unter außerordentlichen Umständen gerechtfertigt. Im vorliegenden Fall habe es dafür keinen Grund gegeben. Der Mann, der mittlerweile verheiratet ist und zwei weitere Kinder hat, habe seinen Sohn aufziehen wollen und können, heißt es in dem Urteil. Dies habe die deutsche Justiz verhindert.