Verfassungsschützer hacken’s nicht

Stuttgarter Landesamt eröffnet ein Internet-Kompetenz-Zentrum – ohne echten Nutzen

STUTTGART [taz ■]Der baden-württembergische Verfassungsschutz stellte am Donnerstag sein neues „Internet-Kompetenz-Zentrum“ (IKZ) vor. Mit dem IKZ sieht man sich als Vorreiter unter den Landesämtern. Doch schon seit Mitte der 80er-Jahre beobachtet der Verfassungsschutz das Internet. Die Stuttgarter hatten auch bereits sehr früh eine kompetente Islamismus-Abteilung. Sieben arabischsprachige Experten stehen dem Amt derzeit zur Verfügung.

Auch im IKZ wird nur der öffentliche Teil des Internets beobachtet: Webseiten und offene Foren. „In geschützte Foren dürfen wir uns nicht einhacken“, betonte Amtsleiterin Beate Bube. Der bayerische Verfassungsschutz kann sich Passwörter verschaffen, indem er per Onlinedurchsuchung heimlich Computer ausspäht. Lässt man sich jetzt von den Bayern helfen? „Das würden wir nie tun“, versicherte die Amtsleiterin.

Geschützte Foren spielen bei der Internetbeobachtung aber auch keine große Rolle. „Wer Propaganda macht, will ja, dass das möglichst viele mitbekommen“, betonte Islamismus-Experte Köpfer. Gelegentlich kann der Dienst der Polizei zwar Hinweise auf Hassdelikte geben, aber auch das sind eher kleine Fische, wie etwa ein aus dem Libanon stammender Jugendlicher, der im Netz gegen Juden hetzte.

In Stuttgart will man eher Strukturen und Entwicklungen beobachten. „Der Pop-Dschihadismus, bei dem sich junge Islamisten Videoclips von Anschlägen zuschicken, ist vor allem ein Modephänomen“, hat Köpfer analysiert, „allerdings driften manche dann doch in den Terrorismus ab“.

Kern des Internet-Zentrums ist ein Großraumbüro, in dem sechs Techniker und wechselnde Fachleute sitzen. Die Techniker sollen etwa dafür sorgen, dass die Beamten nicht schon anhand ihrer IP-Adresse als Verfassungsschützer erkannt werden. Die Fachleute können an einem neuen Plasmabildschirm gemeinsam Dokumente und Videos analysieren. 388.000 Euro hat das Zentrum gekostet. Es ist nicht nur für Islamismus, sondern auch für Links- und Rechtsextremismus zuständig.

CHRISTIAN RATH