Forschungszentrum Jülich rechnet für alle

Seit einer Woche rechnet im Forschungszentrum Jülich Europas stärkster Computer für deutsche Wissenschaftler

JÜLICH taz ■ Das, was in Jülich seit einer Woche berechnet wird, ist auch unexakt nur schwer vorzustellen. Beispielsweise bringen Astronomen der Universität Heidelberg die im neuen europäischen Superrechner untergebrachten 1.312 IBM-Prozessoren dazu, vorauszuberechnen, was passiert, wenn zwei schwarze Löcher im Weltraum kollidieren. Die Berechnungen sind – auch wenn sie sich nach Science Fiction anhören – Gegenstand aktueller Forschung. Im Jahr 2012 sollen drei Satelliten der Weltallmission LISA mithilfe der heute durchgeführten Berechnungen nach Gravitationswellen suchen, die auf einen solchen kosmischen Riesenunfall hinweisen.

In Heidelberg wird der Supercomputer auch noch anders in die Öffentlichkeit drängen. Im Sommer wird dort auf der International Supercomputer Conference die neueste Liste der weltweit schnellsten 500 Computer vorgestellt. Experten schätzen, dass es der Jülicher Rechner momentan mühelos unter die Top 20 in der Welt schaffen sollte. Für das Rechenmonstrum haben die Jülicher Forscher extra anbauen müssen, im Betrieb wird der Computer so heiß, dass die gesamte Raumluft von 6500 Kubikmetern 38 mal umgewälzt werden muss. Mit der Investitionssumme von 42 Millionen Euro hat sich das Forschungszentrum nicht nur den Rechner, sondern auch technische Unterstützung für fünf Jahre von IBM gekauft. „Der Vertrag mit dem amerikanischen Computerhersteller wurde vor zwei Jahren unterzeichnet“, sagt Renée Dillinger, Sprecherin des Jülicher Rechenzentrums. Dass das Jülicher Zentrum nun europaweit vorne sei, verdankten die Forscher dem turnusmäßigen Wechsel bei der Einrichtung von Hochleistungssystemen, sagt Dillinger. Vorher seien die Rechenzentren in München und Stuttgart modernisiert worden, sagt sie. Die Rechenzeit für den Rechner werden vom John von Neumann-Institut für Computing (NIC) vergeben. Jeder Wissenschaftler kann einen Antrag auf Rechenzeit stellen, der dann unabhängig begutachtet wird. Zurzeit wird die Rechenzeit von rund 100 Projekten bundesweit genutzt.

So soll der neue Rechner die Verschiebung der Erdplatten weiter im Voraus berechnen können um vorherzusagen, an welchen Stellen des Erdmantels sich Spannungen zu eventuellen Erdbeben entwickeln können. Auch Umweltkatastrophen sollen sich vorausberechnen lassen. Ein Szenario, das am Rechner durchgespielt wird: Die Verteilung von giftigen Lösemitteln im Grundwasser. ELMAR KOK