Opec tagt ohne Irak

Auf der heutigen Opec-Sonderkonferenz wird die Schlüsselfrage nicht geklärt werden: Wie steht es um die Zukunft des Kartells nach dem Aus für Saddam? Stattdessen geht es um Förderquoten

BERLIN taz ■ „Es fließt wieder“, meldeten US-amerikanische und irakische Ingenieure vor zwei Tagen. Schneller als erwartet hatten sie die Ölproduktion nahe Basra wieder ins Laufen gebracht. Auch im Norden bei Kirkuk sollen die ersten Quellen noch in dieser Woche sprudeln.

Diese Nachricht verunsichert die Nettoölexporteure: Sind die Förderanlagen nicht so kaputt wie angenommen? Und was bedeutet das für das Verhältnis zwischen Irak und der Organisation der Erdöl exportierenden Länder (Opec)? Die Opec befürchtet, dass die USA den Irak drängen, die Ölquellen schnell zu privatisieren und damit den Ölpreisverfall beschleunigen. Das wird eines der Hauptthemen auf dem heutigen Krisentreffen der Opec in Wien sein, bei dem es eigentlich um die Förderquoten geht. Mit einer Klärung ist jedoch nicht zu rechnen.

Formell ist auch der bisherige irakische Ölminister, Amer Raschid, nach Wien eingeladen. Allerdings wird er als einer der meistgesuchten Iraker kaum dort auftauchen. Mohammed Mohsen al-Sabaidi, der sich zum Bürgermeister von Bagdad erklärt hat, will eine eigene Delegation schicken. Das stößt auf wenig Gegenliebe: Die US-Koordinatorin für den Wiederaufbau des Zentralirak, Barbara Bodine, sagte, sie fände es „merkwürdig, wenn die Opec das mitmacht“.

Für den iranischen Ölminister Bijan Zanganeh kann nur eine von der UNO anerkannte Regierung den Irak repräsentieren. Auch der neue Koordinator im irakischen Ölministerium, Thamir Gadhban, hält den Vorstoß für verfrüht. „Opec und Exporte sind für uns keine Prioritäten“, sagte er. Was man jetzt fördere, brauche man selbst. Zuletzt hatte Iraks Botschafter in Österreich sein Land bei der Opec vertreten.

Die Konferenz bietet jedoch auch so Sprengstoff. Nach Kriegsbeginn hatte die Opec ihre zu Jahresanfang bestimmte Höchstquote von täglich 24,5 Millionen Barrel ausgesetzt, um einen Engpass auf dem Weltmarkt zu vermeiden. Mit zu viel Erfolg: Es gibt ein künstliches Ölüberangebot von 1,5 bis 1,8 Millionen Barrel täglich. Das würde sich mehr als verdoppeln, wenn der Irak wieder voll produziert und Nigeria wieder exportiert.

Damit könnten die Preise unter den von der Opec angestrebten Korridor von 22 bis 28 US-Dollar fallen. Schon jetzt ist Bewegung spürbar. Mitte März kostete ein Fass noch fast 40 US-Dollar, Anfang April waren es knapp 25. Letzte Woche lag der Preis im Schnitt bei 25,61 Dollar. Im Vergleich zum zweiten Golfkrieg ist das noch stabil. Damals war er bis unter 10 Dollar gerutscht.

Über notwendige Maßnahmen wird noch gestritten. Saudi-Arabien will zu den Quoten vom Jahresanfang zurück, der Iran würde lieber noch eine Million Barrel weniger fördern lassen.

Das unterstützen Nigeria und Algerien – sie wollen möglichst hohe Preise, um alles aus ihren zu Ende gehenden Reserven rauszuholen. Bislang hat sich Saudi-Arabien immer durchgesetzt. Aber seine künftige Rolle hängt vom Irak ab. Immerhin hatte sich Saudi-Arabien 1991 dessen Förderanteile einverleibt. Zumindest die dürften sich die Iraker zurückholen wollen.

BEATE WILLMS