Ganz viel tanzbare Revolution

Die Repolitisierung des Surfbretts: „Randy“ klingen nur manchmal nach Strand, dafür immer nach Ärger

Eine politische Band waren die Beatles ja eigentlich nie. Und wenn der Eindruck bei den Pilzköpfen doch aufkam, dann ging es um Karma, Kiffen oder Konzerte auf dem Dach eines Londoner Wolkenkratzers. Aber sie schenkten der Pop-Welt die Beat-Musik. Als ihr Erbe wurde trotzdem eher der Boygroup-Faktor um Ringo, John und die anderen angesehen. Ihre kontinentalen Epigonen, wie die deutschen Rattles oder Lords, verschrieben sich ebenso der Beat-Musik – und waren genauso unpolitisch. Beat war Lifestyle und Lebensgefühl, jung und wild, insofern politisch – vor 30 Jahren.

Doch – „Policeman comin‘ with his gun, policeman‘s always on the run“ – 2003 sind Randy da. Die spielen Beat. Und sie verstehen sich als politisch. Nachdem die Projekte gescheitert sind, Pop zu einer Art von linkem Projekt umzufunktionieren, viele heranwachsende T-Shirt-Träger Che Guevara für den Sänger von Rage against the Machine halten und gar Herbie Grönemeyer oder Marius Müller-Westernhagen für die Pop-Politik zuständig erklärt scheinen, tut ein bisschen Klarheit Not: ein paar Schreie und Spitzen gegen Kapitalismus, Krieg, Neoliberalismus und andere Unangenehmheiten. Ein paar Singalongs über „Karl Marx and History“, ein wenig Clap-your-hands zu „My Heart, my Enemy“, ganz viel tanzbare Revolution, ganz viel Randy.

„I guess you wanna see the look in my eyes when you beat me“ – dem Gesetz der interpopkulturellen Rekombination, dem Aufgreifen, Zerstückeln und Wiederzusammensetzen bereits da gewesener musikalischer Versatzstücke also, folgen auch die vier Schweden. Neben den Beatles surft sich waschechter Beach Boys-Sound durch ihre Songs, nach Glamrock‘n‘Roll-Gottvater Little Richard wurde sogar das letzte Album The Human Atom Bomb benannt, die Londoner Clash rufen an allen Ecken und Enden, und wer genau hinsieht, entdeckt zwischen Randys Political-Riot-Posen sogar das Becken des schmalzbelockten Elvis Presley s(ch)wingen.

„I hate the man in uniform – rock on!‘‘ Wirklich neu ist das alles nicht und auch in jüngster Vergangenheit traten bereits Bands wie The International –Noise Conspiracy, The Hives – oder auch The Strokes – mit ähnlich angelegtem Gitarren-Brat-Sound auf den Plan. Der Trick bei den „Geilen“ – denn das ist eine treffende Übersetzung von Randy: Sie klingen überhaupt nicht retro, sie sind es auch nicht. Vielleicht liegt es daran, dass sie die in Rohform bereits nicht eben niedrige Geschwindigkeit des Beat locker verdoppeln. Vielleicht ist auch ihr kompromisslos dreckig-kantiger Sound, der wunderbar mit Titeln harmoniert, in denen häufig die Worte „dirty“, „cheap“, „bad“ oder „rock“ vorkommen. Randy sind auf der Mission, das Surfbrett, den Singalong und eigentlich die komplette Popkultur zu repolitisieren (und das im richtigen Sinne).

„A whap bap a lubap a whap bap bam – fuck you!‘‘ – In ihrem Song „A Man in Uniform“ rechnen die Beat-Boys auf ihrem aktuellen Album Welfare Problems etwa ab mit dem Verhalten der Polizei während der Göteborg-Unruhen 2001, bei denen ein Demonstrant von den Ordnungshütern erschossen wurde. „Wir finden es ganz einfach wichtig“, sagt Schlagzeuger Fredrik Granberg, „dass man mit seinen Texten mehr aussagt als ‚Fahrt Skateboard und besauft euch danach‘.“ Im besten Surfsound also, mit eins, zwei, drei, vielen Beats gegen das System (oder doch zumindest die Dinge, wie sie sind).

MARKUS FLOHR

mit Satirnine: Dienstag, 21 Uhr, Logo