Fasching im Ausstand

Journalisten und Jecken gehen auf der Straße. Bei den Redakteuren ist die Stimmung allerdings eher verhalten

Bremen taz ■ Nachdem am Montag die siebte Verhandlungsrunde geplatzt ist, dauert der Journalistenstreik gegen die Forderungen der Zeitungsverleger nach mehr Arbeit für weniger Geld unvermindert an. Während in Hannover und Oldenburg Einigkeit über die Fortdauer des Ausstands bis zur nächsten Verhandlungsrunde am kommenden Dienstag herrscht, werden die Redakteure der Bremer Nachrichten und des Weser-Kuriers erst heute über das weitere Vorgehen beraten.

Die Bremer gehen bereits in die vierte Streikwoche. Mit spürbaren Folgen: Die ausgedünnten Lokalteile sorgten bei den Lesern für solchen Unmut, dass sich der Verlag entschloss, Abonnenten auf Nachfrage eine Entschädigung von fünf Euro zukommen zu lassen. Bei der Oldenburger Nordwest-Zeitung (NWZ) wird das kaum nötig sein. Dort ist die Lokalredaktion fast vollständig besetzt und dank exklusiver Einkaufsvergnügungen (taz berichtete) bei guter Laune. Weniger glänzend ist die Stimmung bei den freien Mitarbeitern, die – teilweise unter Androhung von Auftragsentzug – den Laden weiter am Laufen halten und dafür mit Essensgutscheinen für die Kantine belohnt werden.

Auch viele der Streikenden in Bremen sind mitten im Fasching wenig erfreut – nicht nur wegen der Unbeweglichkeit der Verleger, sondern auch über das Verhalten von ver.di-Chef Frank Bsirske, der heute Mittag im Bremer DGB-Haus zu Gast ist. Dass er Anfang des Monats für einen Tag die Chefredaktion der Financial Times Deutschland übernommen hatte, trifft bei ihnen auf Unverständnis. „Er wird uns schon erklären müssen, warum das ausgerechnet in dieser Situation unbedingt sein musste“, murrt eine Mitarbeiterin des Weser-Kuriers.

Wie es weitergeht, mag sie ebenso wenig prognostizieren wie ein Kollege: Flexible Streiks seien schwer umzusetzen, prinzipiell aber gleichermaßen denkbar wie eine Verlängerung des Ausstands oder das Ende des Streiks. Christoph Kutzer