Friedlich beim Wodka

Als Friedensstifter sieht sich Rolf Knieper nicht. Aber der Bremer Jura-Professor schaffte es, Vertreter aus eigentlich verfeindeten postsowjetischen Staaten an einen Tisch zu bringen

taz ■ Eigentlich schweigen sich die Diplomaten von Armenien und Aserbaidschan seit dem kriegerischen Konflikt in Berg Karabach nur noch an – dass sich Politiker und Juristen dieser Länder vergangenen Dezember dennoch in Bremen zu einer Tagung trafen, ist einer der großen Verdienste von Rolf Knieper. Der Rechtsprofessor der Universität Bremen unterstützt seit 1996 im Auftrag der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit (GTZ) in ehemaligen GUS-Staaten eine Rechtsreform – auch Georgien lernt derzeit von Bremen.

taz: Wie haben Sie es geschafft, Vertreter dieser drei Länder an einen Tisch zu bringen? Rolf Knieper: Ich arbeite mit allen seit sechs Jahren intensiv. Nach anfänglicher Skepsis mir –dem deutschen Professor – gegenüber, haben sich heute sogar Freundschaften entwickelt. Die Leute vertrauen mir, sie wissen, dass ich diese Treffen nicht für politische Zwecke missbrauche.

Wurden in Bremen nicht trotzdem politische Konflikte ausgetragen?

Erstaunlicherweise nicht. Selbst abends in lockerer Runde bei einem Gläschen Wodka geht es friedlich zu. Alle verhalten sich sehr professionell. Sie haben in juristischer Hinsicht ähnliche Probleme, und jede der Teilrepubliken der ehemaligen Sowjetunion ist in Reformen im Staatsaufbau involviert. Das macht sie auch neugierig aufeinander und lässt sie auf fachlicher Ebene miteinander diskutieren.

Ist das nicht eine Chance, in Bremen Anstoß für Friedensverhandlungen zu geben?

Das ist leider nicht realistisch. Alle – ob Georgier, Armenier oder Aserbaidschaner – tragen noch Hass im Herzen. Der lässt sich nicht so schnell tilgen. Das kann ich durch meine Besuche in den drei Ländern und durch den Umgang mit den Menschen beurteilen – auch wenn in Bremen die Vernunft regierte. Ich hoffe, dass die Kontakte, die sich hier zwischen Einzelnen herstellten, auch in Zukunft bestehen bleiben. Aber selbst das ist schwierig: Möglicherweise wird es von staatlicher Seite sogar unterbunden.

Weshalb fand die Tagung nicht im Kaukasus statt?

Dort wäre ein Treffen in dieser Form nicht zustande gekommen. Bremen ist ein neutrales Terrain. Die Atmosphäre hier spielt eine große Rolle. Ein Aserbaidschaner ging sogar so weit, Bremen als „heimliche Hauptstadt des Kaukasus“ zu bezeichnen. Das hängt natürlich auch damit zusammen, dass von hier aus – also aus dem GTZ-Büro an der Uni – die Impulse kommen und die Reformen im Privat- und Wirtschaftsrecht koordiniert werden. Der Senat, die Handelskammer und die GTZ haben ja vor zwei Jahren schon einen Kooperationsvertrag unterzeichnet, mit dem Bremen die Unterstützung für die Rechtsreform konkret zusichert.

Was beinhalten eigentlich die Rechtsreformen?

Zivil-, Verfassungs- und Verwaltungsrecht werden grundlegend umstrukturiert, Gesetze werden neu geschrieben. Bisher galt ja das kommunistische Recht. Viele Gesetze sind nun neu verfasst, aber bis zu deren Anwendung werden wohl noch 20, 30 Jahre verstreichen.

Interview: Daniela Barth