Die Kunst, Kinder zu beschenken

Schenken will gelernt sein: Zu viele oder die falschen Gaben unterm Weihnachtsbaum können Kinder überfordern. Geschenke sollten sich am Alter und am Entwicklungsstand eines Kindes orientieren und natürlich an seinen Interessen

VON JUTTA BLUME

Ulrich Gerth weiß, wovon er redet: „Die meisten Kinder haben nicht damit zu kämpfen, dass sie zu wenige Geschenke bekommen, sondern zu viele“, sagt der Vorsitzende der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung. Auch Eltern, die es sich eigentlich finanziell nicht leisten können, setzen sich vielfach unter Druck und wollen ihren Kindern den Gabentisch reichlich decken. Den Kindern tun sie damit nichts Gutes. „Wenn ein Kind nicht mehr auf Anhieb sagen kann, was es alles bekommen hat, dann war es zu viel“, urteilt Gerth.

Bei einem Fünfjährigen rät der Psychologe zu zwei bis drei Weihnachtsgeschenken, bei einem Zehnjährigen darf es etwas mehr sein. Die Geschenke sollten dem Entwicklungsstand des Kindes entsprechen, aber natürlich auch seinen Interessen. Daher lassen sich schwer generelle Schenktipps für ein bestimmtes Alter geben. Die Beratungsstelle „Viva Familia“ in Rheinland-Pfalz hat aber einige Geschenkideen zusammengetragen. Für Kleinkinder empfiehlt sie zum Beispiel Fingerpuppen, Bauklötze, Rutschautos, Wachsmalstifte und Bilderbücher. Grundschulkindern könnten Zauberkasten, Mikroskop, Bastelsachen, Sachbücher und Hörspiele gefallen. Bei älteren Kindern und Jugendlichen wären Strategiespiele, Experimentierkästen, Sportgeräte, Bücher und Hörbücher angemessen, aber auch Kleidung, sofern sie auf dem Wunschzettel steht.

Ein Spielzeug ist dann gut, sagt die Beratungsstelle, wenn es vielseitig verwendbar ist sowie die Fantasie und Entdeckungsfreude anregt. Über prämierte Gesellschaftsspiele und Spielsachen informieren zum Beispiel die Internetseiten des Vereins „Spielgut“ und des „Spiel des Jahres“. Empfehlungen für Computerspiele finden sich auf der Website „kindersoftwarepreis.de“. Dort beurteilt eine Jury aus Fachleuten und Kindern die Qualität der Spiele. Heike Habel, Leiterin einer Beratungsstelle des Deutschen Kinderschutzbundes, befürwortet es, auch Spiel- und Sportsachen zu verschenken, die Kinder in Bewegung bringen. Kinder und Jugendliche verbrächten sowieso schon viel Zeit mit elektronischen Medien, urteilt sie.

Kinder selbst ihre Wünsche formulieren zu lassen, ist die Idee des klassischen Wunschzettels. Der sollte aber nicht mit einer Bestellliste verwechselt werden. Damit die Kleinen sich intensiv überlegen, was sie wirklich wollen, können Eltern einen Abgabetermin vereinbaren, etwa am 6. Dezember, zum Nikolaustag. So bleiben bloß von der Weihnachtswerbung geschürte Wünsche außen vor.

Nicht alle Wünsche können Wirklichkeit werden – sei es aus finanziellen, sei es aus pädagogischen Gründen. Wenn sich jedoch ein echter Herzenswunsch nicht erfüllen lässt, sollten Eltern das schon vor Weihnachten signalisieren, damit es beim Fest keine Tränen der Enttäuschung gibt, sagt Erziehungsberater Gerth.

Geld und Haustiere unterm Weihnachtsbaum gelten für viele als tabu. Das lässt sich aber differenzieren: Ein Umschlag mit Geld kann bei Jugendlichen angebracht sein, die für teure Wünsche sparen, aber auch, weil sich der Geschmack von Erwachsenen und Teenagern selten deckt. Bei Jüngeren rät Psychologe Gerth jedoch von Geldgeschenken ab: „Kleinere Kinder neigen dazu, die Menge zu zählen und sich dann mit anderen Kindern zu vergleichen.“ Besser sei es, einen Gutschein für eine gemeinsame Aktion zu schenken.

Tiere gehörten nicht auf einen Gabentisch, weil sie so zu einem Konsumobjekt gemacht würden, sagt Gerth. Ein Gutschein für eine Zoohandlung aber kann große Freude bereiten, wenn die ganze Familie sich ein Haustier wünscht und ausführlich darüber gesprochen hat. Ein Gutschein wecke Vorfreude, urteilt Gerth. Zugleich signalisiere er aber: Ein Tier ist ein Lebewesen und daher etwas Besonderes.