Erster Titel des ewigen Vize

SG Flensburg-Handewitt ist Deutscher Pokalsieger im Hallenhandball. Beim Final Four in Hamburg gelang der Siegtreffer über TuSEM Essen erst fünf Sekunden vor Ende der Verlängerung

„Mir war dieses Gerede darüber sowieso scheißegal“: Kapitän Jan Fegter

von ERIK EGGERS

Dann endete es doch abrupt, dieses schon fast stereotyp zu nennende Schauermärchen vom „ewigen Zweiten“ des deutschen Handballs. Fünf Sekunden vor dem Ende einer dramatischen Verlängerung im Finale um den Deutschen Handball-Pokal schnappte sich Lars Christiansen den Ball und versenkte ihn nach einem Tempogegenstoß sicher zum Flensburger 31:30 (16:12, 27:27) im Netz des TuSEM Essen.

Und der Jubel der etwa 10.000 Zuschauer, die mehrheitlich aus Flensburg angereist waren, brach los und fegte wie ein Orkan durch die Hamburger Color Line Arena. „Was das für uns bedeutet“, sagte Jan Holpert gerührt nach dem Spiel, „das kann man gar nicht in einen Satz packen.“ Der Flensburger Torhüter, der mit einem schwer gestauchten Knöchel in die Partie gegangen war, avancierte zusammen mit Christiansen zum Helden dieses Spiels. Auch Andrei Klimovets, der beinharte russische Kreisläufer, biss sich durch: Er spielte mit einer gebrochenen Nase aus dem Halbfinale vom Vortag, das die Flensburger mit 33:28 gegen Frischauf Göppingen gewonnen hatten.

Die Flensburger Entschlossenheit verhinderte diesmal, dass die Handballer aus dem hohen Norden schon wieder als „Vize“ zurück an die Förde reisten, wie so oft in den vergangenen Jahren. Stets voller Hoffnung gestartet, waren sie immer wieder an ihren eigenen Nerven gescheitert. Viermal wurden sie seit 1997 Zweiter in der Deutschen Meisterschaft. Und auch beim „Final Four“ in Hamburg, dem Wochenendturnier der letzten Vier im Deutschen Handball-Pokal, reichte es 1992, 1994 und 2000 nur zum zweiten Platz. Der Final-Komplex scheint nun abgelegt. „Mir war dieses Gerede darüber sowieso scheißegal“, sagte Kapitän Jan Fegter direkt nach dem Spiel.

Es war von Beginn an ein typischer Pokalfight, hart und verbissen starteten beide Mannschaften, Kampf und Krampf dominierten. Bald aber zeigte sich, dass die Flensburger an diesem Tag über die besseren Einzelspieler verfügte. Vor allem der dänische Mittelspieler Joachim Boldsen, den die Flensburger Fans seiner Urgewalt wegen „Traktor“ nennen, ackerte sich oft durch die körperlich eigentlich überlegene Essener Abwehr und erzielte bis zum Pausenstand von 16:12 allein sechs Tore.

In der zweiten Halbzeit hielt Flensburg dem Essener Druck zunächst stand. Doch dann scheiterte der Angriff immer häufiger an Essens hervorragendem Keeper „Krischa“ Hannawald. So konnte Essen, das in der Rückrunde noch kein Pflichtspiel verloren hatte, kurz vor Schluss wieder ausgleichen.

In der Verlängerung entschied schließlich auch das Glück, und ein paar umstrittene Pfiffe des unsouveränen Schiedsrichtergespanns halfen Flensburg, den Ruf eines ständigen Verlierers zu verlieren.