SPD lässt Wunden an der Luft heilen

Wegen des SPD-internen Streits um die Bundestagskandidatur zwischen dem Linken Annen und dem Rechten Ilkhanipour ist der Partei-Vorsitzende in Hamburg-Eimsbüttel zurückgetreten. Das Direktmandat für Berlin ist gefährdet

Die Niederlage des prominenten linken SPD-Bundestagsabgeordneten Niels Annen (35) im Kampf um die erneute Direktkandidatur im Wahlkreis Hamburg-Eimsbüttel gegen den Juso-Chef Danial Ilkhanipour hat ein weiteres Opfer gefordert. Der Kreisvorsitzende Jan Pörksen trat am Mittwochabend zurück. Sein Nachfolger soll der bisherige Schatzmeister Milan Pein werden. Offen ist derzeit, ob die Parteibasis für Ilkhanipour Wahlkampf machen wird. Damit droht der SPD ein Mandatsverlust in dem umkämpften Bundestagswahlkreis.

Pörksen warf dem 27-jährigen Jurastudenten Ilkhanipour einen verdeckt geführten Machtkampf vor. Der Rechtsausleger soll Parteifreunde als Delegierte für die Wahlkreiskonferenz installiert haben. Diese hätten ihrer Basis im Stadtteil vorgegaukelt, für den vermeintlich einzigen Kandidaten Annen zu votieren – in dem Wissen, dass Ilkhanipour in letzter Minute antreten werde. „Da wurde betrogen und offen gelogen“, sagte Pörksen. Gleichzeitig warnte er: „Wer glaubt, dieser Machtkampf wäre jetzt zu Ende, der träumt.“

Sein designierter Nachfolger Pein sagte: „Über manche Wunden darf man nicht einfach ein Pflaster kleben, die muss man an der Luft heilen lassen.“ Ilkhanipour dementierte jegliche Ränkeschmiede: „Nein, es sind keine Tricksereien gewesen.“ Pein sieht eine „Bringschuld“ des Kandidaten: „Wir erwarten ein Konzept von ihm, wie er das Direktmandat gewinnen will.“ Die Frage sei nicht, „ob wir für Herrn Ilkhanipour Wahlkampf machen, sondern wie“.

Bei der Bundestagswahl 2005 hatte Annen mit 45 Prozent Erststimmen das Direktmandat errungen. Damit lag er zwölf Prozentpunkte vor seinem CDU-Konkurrenten und elf über dem Zweitstimmenergebnis der SPD. Damit war Annen deutlich beliebter als seine Partei – dass dies auch auf den weithin unbekannten Ilkhanipour zutreffen wird, ist zweifelhaft. Und sollten große Teile der Basis im Wahlkampf keinen Finger für ihn rühren, wird es richtig schwer.

Zumal die CDU mit dem 37-jährigen Rüdiger Kruse, Finanz- und Umweltexperte in der Bürgerschaft und Geschäftsführer der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, einen attraktiven Kandidaten aufbietet. Er dürfte Erststimmen auch von den im Wahlkreis überdurchschnittlich starken Grünen erhalten. Ilkhanipour ist am 27. September 2009 zum Siegen verdammt: Sollte er das Direktmandat verlieren, ist seine Parteikarriere abrupt beendet. SVEN-MICHAEL VEIT