Ein Radikaldemokrat als „Personalproblem“

Mit Exfraktionschef Roland Appel wird einer der profiliertesten Grünen aus Nordrhein-Westfalen fristlos gefeuert

Einst waren sie das Dreamteam der grünen Landtagsfraktion in Nordrhein-Westfalen: Der linke Radikaldemokrat Roland Appel und die Reala Gisela Nacken führten in den 90er-Jahren mit viel Geschick die seinerzeit heftig zerstrittene Truppe durch rot-grüne Koalitionsstürme. Jetzt trennen sich die Wege des ungleichen Paares. Denn bis zum Wochenende waren die beiden noch in der nordrhein-westfälischen Stiftung für Umwelt und Entwicklung vereint – sie als Vorsitzende, er als Geschäftsführer. Nun hat Nacken ihn gefeuert. Die Gründe liegen im Dunkeln.

Einen seiner größten Auftritte hatte der heute 49-jährige Appel ausgerechnet, als er aussah wie alle anderen: Als er vor der Wahl Wolfgang Clements zum Ministerpräsidenten im Mai 1998 in Jackett und Krawatte im Landtag auftauchte, erntete er johlenden Applaus. Denn so hatten die Kollegen den grünen Fraktionsvorsitzenden, dem die Welt einmal bescheinigte, „selbst im Landtag mit seiner bunten Kleidung wie ein Demonstrant“ auszusehen, noch nie gesehen.

Damals war Appel, der seit 1990 im Landtag saß, auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Danach ging es bergab. Überraschend fiel der Fraktionschef, einer der profiliertesten NRW-Grünen, bei der Listenaufstellung für die Landtagswahl 2000 durch und musste aus dem Landtag ausscheiden. Das Scheitern traf ihn unvorbereitet – ein bitterer Einschnitt für den Berufspolitiker. Schon als Student war er vor seinem Wechsel zu den Grünen Anfang der 80er Mitarbeiter in der FDP-Bundestagsfraktion.

Es wurde still um den „bunten Vogel“, dessen politischer Schwerpunkt die Bürgerrechtsarbeit gewesen war – bis 2001 von Rot-Grün die Landesstiftung für Umwelt und Entwicklung gegründet wurde. Es hätte „da noch ein grünes Personalproblem gegeben, das dringend nach einer Lösung verlangte“, ätzte die CDU-Opposition. Doch Appel baute die Landesstiftung erfolgreich auf, wie ihm auch seine Gegner bescheinigen. Sie unterstützt Organisationen, die ehrenamtlich den Nord-Süd-Dialog, Umweltschutz und interkulturelles Lernen oder den Prozess der Agenda 21 im Land NRW fördern.

„Es soll nicht der Eindruck entstehen, wir hätten nicht gut zusammengearbeitet“, sagt denn auch Gisela Nacken. Aber die jetzt erfolgte Trennung sei unvermeidlich gewesen. Über die Gründe schweigt sich die Umweltdezernentin der Stadt Aachen indes aus „datenschutz- und arbeitsrechtlichen Gründen“ aus. Die Trennung sei jedoch durch den Vorstand im Einvernehmen mit dem Vorsitzenden des Stiftungsrates, dem Ministerpräsidenten Peer Steinbrück (SPD), und der stellvertretenden Vorsitzenden, Umweltministerin Bärbel Höhn (Grüne), erfolgt. Es heißt, unter anderem habe es Unregelmäßigkeiten bei Reisekostenabrechnungen gegeben. Außerdem soll Appel, ein vehementer Streiter für den Datenschutz, E-Mails von Mitarbeitern „ausgespäht“ haben.

Der zweifache Vater hingegen wittert ein politisches Intrigenspiel und gibt sich kämpferisch: „Ich bin und bleibe Geschäftsführer.“ Nur der Stiftungsrat und nicht der -vorstand könne ihn entlassen. Zu den Kündigungsgründen sagt er nur: „Alle gegen mich erhobenen Behauptungen, von denen ich weiß, sind falsch.“ Das nächste Treffen des verblichenen Dreamteams Nacken und Appel dürfte eher ungemütlich werden: vor dem Arbeitsgericht. PASCAL BEUCKER