NRW und Hessen auf Enthüllungskurs

Die Düsseldorfer SPD geht unter die Kopftuchgegner. Roland Koch will die Textilie aus allen Amtsstuben verbannen

Die CDU will in Hessen nicht nur das Schulgesetz ändern, sondern auch das Beamtenrecht

BERLIN/FRANKFURT taz ■ Am Tag danach waren die rheinischen Sozialdemokraten verstimmt. „Wir wünschen uns keine irgendwie geartete Hexenjagd“, sagte Edgar Moron, Vorsitzender der SPD-Landtagsfraktion. Seine Partei hatte ein Gutachten angefordert, ob Lehrerinnen ein Kopftuch tragen dürfen. Nun riet der Experte zum grundsätzlichen Verbot – zum Verdruss der Genossen, die bislang das Kopftuch eher dulden wollten.

Der Berliner Rechtsprofessor Ulrich Battis hatte am Dienstag in Düsseldorf eine Studie vorgestellt. Sie empfiehlt, Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen das Kopftuch zu verbieten – in der Regel. Wenn es aber den Schulfrieden nicht störe und die Eltern zustimmen, solle auch mal ein Kopftuch erlaubt sein. Battis nannte die gängigen Argumente der Kopftuchgegner: Die „verschärften Treuepflichten“ der Lehrer rechtfertigten ein grundsätzliches Verbot. Denn das Kopftuch könne „auch als Symbol für die Ungleichheit von Mann und Frau verstanden werden“. Battis riet, das gesetzliche Verbot durch ein Verwaltungsverfahren zu ergänzen. Streiten Lehrerin und Schule, solle die Schulaufsicht entscheiden.

Die Landes-CDU sieht sich durch das Gutachten bestätigt. Auch Moron forderte seine Fraktion auf, dem Expertenrat zu folgen. Aber mit Vorbehalten. Falls die Lehrerin begründen könne, dass sie ihr Kopftuch allein aus religiösen Motiven trägt, solle eine Ausnahme möglich sein.

Noch mehr Empörung erregte der Vorstoß der hessischen CDU, sämtlichen Beamtinnen – also nicht nur Lehrerinnen – das Tragen eines Kopftuchs zu verbieten. „Was die hessische CDU vorschlägt, geht auf gar keinen Fall“, sagte Tarek Al-Wazir, Fraktionsvorsitzender der Grünen im hessischen Landtag. Der Gesetzesentwurf, den die Union am Dienstag im Landtag vorgelegt hat, verstoße gegen die religiöse Neutralitätspflicht des Staates. Das Christentum werde klar bevorzugt. Das aber widerspreche der Rechtsauffassung des Bundesverfassungsgerichts. Und er erleichtere den islamischen Fundamentalisten das Geschäft, so Al-Wazir. Die könnten jetzt den Islam insgesamt als Opfer darstellen.

Andreas Jürgens, rechtspolitischer Sprecher der grünen Fraktion, ergänzte: Nur, wenn die Glaubens- und Gewissensfreiheit mit dem Erziehungsauftrag des Staates und dem Erziehungsrecht der Eltern nicht vereinbar sei, dürften die Länder eingreifen. So hätten es die Verfassungsrichter entschieden. Warum dies jetzt auch für Finanzbeamtinnen oder Beamtinnen der Oberen Wasserbehörde gelten solle, bleibe das Geheimnis der CDU, höhnte Jürgens. Der Gesetzentwurf sei deshalb „schlicht verfassungswidrig“.

Die CDU sieht das anders. „Das islamische Kopftuch ist eine politische Demonstration, ein Symbol der Unterdrückung und der Unfreiheit“, konstatierte Fraktionschef Franz-Josef Jung. Er wies zwar explizit darauf hin, dass sich Beamte im Dienst allgemein „weltanschaulich und religiös neutral“ zu verhalten hätten. Das treffe aber auf christliche Symbole nicht zu, weil diese zur „christlich-humanistischen abendländischen Tradition“ gehörten. Geht es nach dem Willen der Union, muss jetzt in Hessen nicht nur das Schulgesetz, sondern auch das Beamtengesetz geändert werden. Möglich wäre es: Die CDU-Fraktion verfügt im Landtag über eine knappe absolute Mehrheit. COSIMA SCHMITT
KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT