Lange Leitung in Sankt Augustin

Cross-Border-Leasing in Sankt Augustin vor dem Aus. Der US-Investor will gegenwärtig keinen Vertrag unterzeichnen. Die Stadt ist unentschlossen, wie sie mit der neuen Lage umgehen soll

VON DIRK ECKERT

Aus dem Cross-Border-Leasing-Geschäft (CBL) in Sankt Augustin wird vorerst nichts. Am Montag bekam die Stadtverwaltung die Nachricht aus den USA: Die Pittsburgh National Corporation Bank, die im Rahmen eines so genannten Cross-Border-Leasings städtische Kläranlage und Kanalnetz von Sankt Augustin kaufen und anschließend vermieten wollte, will den Vertrag über das Geschäft zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht unterschreiben.

Eigentlich sollte das Geschäft bis zum 15. Februar unter Dach und Fach sein. „Der US-Investor ist mit der Bitte an uns herangetreten, die Frist zu verlängern“, weil er „derzeit“ keine Unterschrift unter den Vertrag setzen wolle, bestätigt Edgar Bastian, Pressesprecher der Stadt Sankt Augustin. Hintergrund sei die aktuelle Entwicklung in den USA: Dort liege seit letzter Woche der neue Haushaltsentwurf im US-Kongress vor, mit dem die Gesetzgebung zu Cross-Border-Leasing geändert werden solle (taz berichtete). Experten analysierten derzeit den Entwurf auf mögliche Auswirkungen.

„Der US-Investor bittet um zeitlichen Aufschub, weil er bereits den heißen Atem der Häscher der US-Finanzbehörden im Nacken spürt“, kommentiert Carmen Schmidt von der Bürgerinitiative „Nein zu Cross-Border-Leasing“ in Sankt Augustin. Sie spricht von einer „einmaligen Chance“ zum Ausstieg aus dem umstrittenen Geschäft. „Diese Chance, weiteren Schaden von der Stadt abzuwenden, darf nicht ungenutzt bleiben.“ Die Bürgerinitiative hatte das CBL-Geschäft von Anfang an für risikoreich und unkalkulierbar gehalten.

Ein Bürgerbegehren, für das die CBL-Gegner fast 5.000 Unterschriften sammelten, hat der Rat erst Ende Januar aus formalen Gründen für unzulässig erklärt. Im Stadtrat hält die CDU die absolute Mehrheit.

Nach Ansicht der CBL-Gegner ist nach der Absage des Investors der Ratsbeschluss vom 15. Oktober hinfällig, als die CDU gegen die Stimmen von SPD und Grünen das CBL-Geschäft beschlossen hatte. Der Rat habe damals einen Geschäftsabschluss bis Mitte Februar vorgesehen. „Zu einer darüber hinaus gehenden Erweiterung der Frist hat der Bürgermeister kein Mandat“, argumentiert Schmidt.

„Der 15. Februar war nicht unbedingt Gegenstand der Ratsentscheidung“, sagt dagegen Pressesprecher Bastian. Allerdings macht er keinen Hehl daraus, dass die Stadtverwaltung noch berät, wie sie mit der neuen Lage umgehen soll. Bastian verweist auf die Ratssitzung am morgigen Donnerstag: „Der Rat ist das Beschlussorgan.“ Und der müsse sich dann mit dem ganzen Verfahren auseinander setzen.

Dabei könnte der Rat auch den Ausstieg aus dem CBL-Geschäft beschließen, indem er der Bitte um Fristverlängerung nicht nachkommt: „Die Stadt kann kostenfrei aus dem Vertrag raus“, da es der Investor sei, der nicht unterschreiben wolle, bestätigt Bastian. Wäre die Stadt einseitig aus dem Geschäft ausgestiegen, hätte sie Kosten von 2 Millionen Euro übernehmen müssen.

Wie sich der Rat auch entscheidet – hinfällig ist in jedem Fall der Haushaltsentwurf des Kämmerers. Der habe die „Chuzpe“ gehabt, 350.000 Euro Zinseinnahmen „aus dem erwarteten Deal“ in den Nachtragshaushalt einzustellen, empört sich Schmidt.

Das sei ein Haushaltsentwurf „von gestern“, der eben heute überholt sei, verteidigt Bastian die Verwaltung. Aber natürlich müssten „die Kosten kompensiert werden, wenn es nicht zu dem Abschluss kommt“. Doch da sieht Schmidt schwarz: „Weil CDU-Mehrheit und Bürgermeister taub für alle guten Ratschläge waren, gibt es keine Alternativkonzepte für die aktuelle prekäre Haushaltssituation.“