Fehlende Spielräume
: Asthmakrankes Kind soll abgeschoben werden

Angolaner in Gefahr

„Ob meine Eltern noch leben, weiß ich nicht“, sagte Samuel Nianga. Dem 22-jährigen Angolaner, seiner Frau und deren beiden Kindern droht akut die Abschiebung in das Land, wo gestern vor einem Jahr offiziell der Bürgerkrieg zu Ende ging. Den Antrag der Bremerhavener Familie auf Anerkennung als Asylberechtigte lehnte das Bundesamt ab. Grund für die Bremer Flüchtlingsinitiative, gestern bei einer Pressekonferenz auf die Situation von 14 in Bremen lebenden Angolanern aufmerksam zu machen.

Trotz des Waffenstillstands ist Angola derzeit sehr labil. Deshalb forderte das UN-Flüchtlingskomissariat alle EU-Länder auf, abgelehnte Asylsuchende derzeit nicht abzuschieben. Hilfsorganisationen hätten den Hunger und die Seuchen noch nicht im Griff. Nach wie vor gibt es in Angola mehr Landminen als Bewohner, die Kindersterblichkeitsrate ist die dritthöchste der Welt.

Vor allem die grassierende Malaria macht Samuel und seiner Frau Joice Angst. Ihre beiden Kinder – drei und ein Jahr alt – würden eine Infizierung nicht überleben. Nach Angaben der Unicef ist Malaria aufgrund des Mangels an Impfungstoffen für die Hälfte der Todesfälle bei Kindern unter fünf Jahren ursächlich.

Die deutschen Behörden kümmert das wenig: Was die Abgeschobenen in Angola erwartet, seien lediglich Risiken, denen alle Bewohner im Lande ausgesetzt seien. Daher sollen die Niangas so schnell wie möglich zurück – nicht in ihren verminten und kaum erreichbaren Heimdistrikt im Norden, sondern in die Haupstadt Luanda. „Dabei wird die dort herrschende rassistische Diskriminierung der aus dem Norden stammenden Bakongas, zu denen auch die Familie Nianga gehört, ignoriert“, empört sich die Anwältin der Betroffenen, Gerda Baudisch-Cimen.

Auch die vierköpfige Familie eines ehemaligen Mitarbeiters des Verteidigungsministeriums lebt in Angst. Vater Van Bernado, der militärische Pläne an die Rebellenorganisation Unita lieferte, befürchtet, für das „Verbrechen“ zur Rechenschaft gezogen zu werden.

Der vierfache Vater Rene-Alfonso Zola engagierte sich in der „Befreiungsfront der Exklave Cabinda“ (FLEC), und zwar in deren „nichtbellezistischen“ Flügel. Pech für ihn – denn Chancen auf Anerkennung als Asylberechtigte haben nur die Kämpfer der militanten Flügel.

„Die Behörden verlangen den Nachweis der individuellen Gefährdung, doch dass man durch Krieg alle Überlebensmöglichkeiten verloren hat, fällt nicht ins Gewicht“, meint Anwältin Baudisch-Cimen.

Dabei ist unter den Bedrohten sogar ein asthmakrankes Kind – die Krankheit lässt sich in Angola nicht behandeln. Danja Schönhöfer von der Flüchtlingsinitiative ist verbittert: „Der Innensenator hat die Möglichkeit, Abschiebungen auszusetzen. Stattdessen verweisen er und alle Behörden auf fehlende Spielräume.“ Schönhöfer, die Betroffenen und die Anwältin sind sich einig: Woran es fehlt, ist die politische Wille.

Ewgeniy Kasakow