Kaffee für gute Tanten

Marktfrauen in Hamburgs Partnerstadt León ermöglichen armen Kindern eine Schulausbildung. Wer den Biokaffee „Hamburger Fairmaster“ kauft, unterstützt sie mit sieben Cent pro Paket

von ANNETTE JENSEN

Auf dem Markt Santos Barenas im Zentrum von Nicaraguas zweitgrößter Stadt León staut sich die Hitze. Der 13-jährige Juan José Hernandez stapelt Klopapierrollen in der Ecke eines Standes für Schreibwaren und Süßigkeiten. „Wir brauchen den Jungen vor allem, damit nicht dauernd was wegkommt“, sagt seine Chefin. Vier bis fünf Stunden am Tag passt Juan José auf, dass nichts geklaut wird. Während er morgens in der Schule sitzt, übernimmt sein Bruder Isaia den Job und umgekehrt.

Dass Juan José und seine vier Geschwister die Chance auf eine Ausbildung haben, verdankt die Familie einer Gruppe von Marktfrauen, die sich „Las Tias“ – die Tanten – nennen. Zunächst aus eigenen Mitteln, später mit Hilfe von Spenden, linderten sie die ärgste Not der Familien, sodass die Kinder weniger arbeiten mussten und ihnen etwas Zeit und Motivation blieb, zur Schule zu gehen. Der Nicaragua-Verein Hamburg hat das Projekt die längste Zeit seines Bestehens über unterstützt. In Zukunft kommen sieben Euro-Cent pro verkauftem Paket des neuen Bio-Stadt-Kaffees „Hamburger Fairmaster“ hinzu.

Die Tanten hatten vor zwölf Jahren beschlossen, dass es nicht so weitergehen könne mit den Kindern auf dem Markt. „Immer mehr lungerten den ganzen Tag hungrig zwischen den Ständen herum, und immer weniger gingen zur Schule“, erinnert sich Candida Mendez, eine massige Marktfrau mit Kurzhaarschnitt. Anfangs spendete jede von ihnen ein paar Lebensmittel. Candida Mendez gab etwas Käse, Mercedes Zalawi Zuckerrohrkonzentrat, die anderen Gemüse, Fleisch und Eier. Sie bereiteten daraus eine Mahlzeit und versuchten, die Kinder zu überzeugen, dass sie lesen und schreiben lernen müssten. Sie sprachen mit den Lehrern, halfen bei den Hausaufgaben und gingen mit den Kindern zum Arzt.

„Der Effekt war, dass sich die Eltern immer mehr aus der Verantwortung zogen und immer mehr Arbeit an uns hängen blieb“, berichtet Mendez. Die Marktfrauen änderten deshalb ihr Konzept. „Heute helfen wir den Eltern, ihre wirtschaftliche Situation zu verbessern, damit sie die Verantwortung für ihre Töchter und Söhne übernehmen können“, sagt sie.

Josés Mutter Carla, die selbst einmal zu den verwahrlosten Kindern des Marktes gehörte, verschafften Las Tias ein Darlehen über 500 Cordobas (33 Euro), damit sie sich ein kleines Geschäft aufbauen konnte. Mit dem Geld kaufte sie sich ein Tablett, auf dem sie Melonen-Stücke anbieten kann, und die Grundausstattung für einen Tortilla-Verkauf.

15 Cordobas im Monat muss Carla abstottern, so die Vereinbarung mit den Tanten. Das schafft sie nicht immer. Schließlich muss sie neben den Lebensmitteln das Geld für die Schule aufbringen. „Manchmal reicht das Geld nicht einmal für Bohnen und Reis für uns alle“, erzählt Carla. Dann verzichtet sie selbst nach einem langen Tag auf dem Markt aufs Abendessen. Las Tias sehen, dass sich die junge Mutter bemüht, ihren Kredit zurückzuzahlen. Sollten genug Spendengelder zusammen kommen, wollen sie Carla und ihren Kindern beim Umzug in ein Haus mit fließend Wasser helfen.

Spenden an den Nicaraguaverein, Konto 51137-205 bei der Postbank Hamburg, BLZ 20010020, Stichwort: „Las Tias“.